Stammler, Florian (2003). Überlebensstrategien im postsozialistischen Russland: Das Beispiel der rentierzüchtenden Chanty und Nentsy in Nordwestsibirien. Masters thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind für Ethnologen die sozio-ökonomischen Transformationsprozesse in den einzelnen Regionen von besonderem Interesse. In vielen autonomen Teilrepubliken waren die jahrhundertealten Strategien des Umgangs mit knappen Ressourcen durch zentralisierte und vereinheitlichte Verordnungen, oft der Verstaatlichung, abgelöst worden wie sie die Theorien des Marxismus-Leninismus gefordert hatten. Dies führte zum Zusammenbruch oder zur Veränderung zahlreicher 'traditioneller' kulturspezifischer Wirtschaftstraditionen - nicht zuletzt bei all denjenigen Völkern bei denen eine mobile Weidewirtschaft das Leben gesichert hatte. Die zentralistische Steuerung mit ihren Institutionen brachte für diese Völker nicht nur Vorteile, wie eine besserer Versorgung im Krankheitsfalle, Schulen und einen geregelten Absatz für ihre Produkte. Viele der neuen Verordnungen brachten auch Nachteile für die Herdenhalter. Beispielsweise führten die Einschränkungen der traditionell flexiblen Mobilitätsmuster und ökonomischen Strategien, die als Anpassungen an die klimatischen Schwankungen und damit regionalen Fluktuationen der Weidequalität gesehen werden können nicht selten zur Degradation weiter Gebiete. Des weiteren waren in vielen dieser Regionen Bodenschätze gefunden worden deren Abbau, zumeist ohne Rücksicht auf den Lebensraum der dort ansässigen Menschen, betrieben wurde. Dies führte besonders in den nordwestlichen sibirischen Republiken, mit ihren große Ölvorkommen, zu katastrophalen Veränderungen der Umwelt was den dort lebenden rentiethaltenden sowie sammelnden und jagenden Völkern das Überleben erschwerte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatten nun viele dieser Völker die Möglichkeit sich neue zu organisieren; sie konnten sich bemühen einige der Institutionen wieder zu beleben, die früher von Vorteil waren und weiterhin auch den Versuch unternehmen all diejenigen neuen Institutionen beizubehalten, die sich als zweckmäßig erwiesen hatten. Für die Khanti und Nenzen der nordwestsibirischen Regionen der Jamal Halbinsel mit ihren Ölvorkommen entstanden daher neben den Problemen einer extremen Umweltverschmutzung und -vergiftung durch die unsachgemäße Förderung des Erdöls nun zusätzlich, durch den raschen Verfall der Ökonomie Rußlands und der Abschaffung der sozialistischen Institutionen auch die Probleme der Anpassung an die Entwicklung hin zu einer Marktwirtschaft. Die Arbeit von Stammler, der sich in mehreren Reisen mit diesen Transformationen beschäftigt hat beschreibt dieses Probleme vor dem Hintergrund der Geschichte und der 'traditionellen' Ökonomie der Rentierzüchter und analysiert dann auf der Basis moderner Transformationstheorien die rezenten Geschehnisse. Die ersten Kapitel führen in die Geschichte der Region und das Leben der Khanti und Nenzen ein, befassen sich mit ihren Sprachen, ihre soziale und politische Organisation, sowie mit ihren wichtigsten wirtschaftlich Aktivitäten. Weiterhin werden die administrative Gliederung und die Bedeutung des Gebietes für die Gesamtwirtschaft Rußlands dargestellt. Der zentrale Teil der Arbeit beschreibt dann die unterschiedlichen Formen der Landnutzung der beiden Gruppen, um dann die Auswirkungen der Industrialisierung auf die beiden Völker zu schildern. Weiterhin stellt die Arbeit als eine der ersten die Transformationsprozesse in einer nordwestsibirischen Region nach der Auflösung der Sowjetrepublik dar in der nach der Privatisierung sowohl die wirtschaftlichen Strategien als auch die der Vermarktung, die bisher staatlich organisiert worden war, nun in Eigenverantwortung durchgeführt werden muss.

Item Type: Thesis (Masters thesis)
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Stammler, Florianm.boeck@uni-koeln.deUNSPECIFIEDUNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-24079
Series Name at the University of Cologne: Kölner ethnologische Beiträge
Volume: 6
Date: 2003
Language: German
Faculty: Faculty of Arts and Humanities
Divisions: Faculty of Arts and Humanities > Fächergruppe 4: Außereuropäische Sprachen, Kulturen und Gesellschaften > Institut für Ethnologie
Subjects: Customs, etiquette, folklore
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
Magisterarbeit , Sibirien , Ressourcenmanagement , Rentierzucht , LandrechteGerman
MA theses , Siberia , Resource management , Reindeer husbandry , Land rightsEnglish
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/2407

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