Heuzeroth, Johannes ORCID: 0000-0002-5062-9777 (2021). Kausalität und Sprache im Geographieunterricht – Einflussfaktoren und Förderstrategien für das Entwickeln geographischer Kausalstrukturen im Rahmen des systemischen Denkens. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Dissertation_Kausalität_und_Sprache_im_Geographieunterricht_Johannes_Heuzeroth_final.pdf - Published Version
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Abstract

Aus Sicht der Geographie ist die Welt, ihre Prozesse, Strukturen und Funktionen, Ergebnis systemischer Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Menschen und Umwelt. Sollen Mensch-Umwelt-Systeme verändert werden, greift der Mensch in seinen Diagnosen, Erklärungen und Vorhersagen auf mentale Repräsentationen dieser Ursache-Wirkungs-Beziehungen, d.h. auf geographische Kausalstrukturen, zurück. Für ein kompetentes raumbezogenes Handeln sind das Verständnis und die Entwicklung von multikausalen, hochvernetzten und komplexen geographischen Kausalstrukturen zentrale Denkkompetenzen. Bei der Vermittlung dieser kausalen Denkkompetenzen im Geographieunterricht fällt jedoch auf, dass Schüler*innen meist nur monokausale, lineare Kausalstrukturen entwickeln, die die Komplexität von Mensch-Umwelt-Beziehungen nur unzureichend abbilden. Bisher ist ungeklärt, inwieweit (fach-)sprachliche Kompetenzen, mehrsprachige Ressourcen und metakognitive Fähigkeiten von Schüler*innen Einfluss auf die Entwicklung komplexer geographischer Kausalstrukturen haben. Weiterhin ist unklar, wie eine kausalitätssensible sprachliche und metakognitive Förderung aussehen könnte, die zu einem verbesserten fachlichen Lernen systemischer Inhalte führt. Ziel der vorliegenden Dissertation ist es daher, inhaltliche und sprachliche Merkmale von Kausalstrukturen im Geographieunterricht zu identifizieren sowie auf Grundlage der Ansätze der kognitiven Linguistik, der Mehrsprachigkeitsdidaktik und der Metakognitionsforschung, Förderstrategien für die Entwicklung und Versprachlichung komplexer geographischer Kausalstrukturen zum Einsatz im Geographieunterricht zu entwerfen und hinsichtlich Ihrer Wirksamkeit empirisch zu prüfen. Hierzu wurden drei Teilstudien durchgeführt und deren Ergebnisse in Fachjournalen veröffentlicht. Die vorliegende Dissertation führt diese drei Studien vor dem Hintergrund der übergeordneten Forschungsfrage zusammen: Inwiefern hat Sprache im Allgemeinen und Scaffolding, Mehrsprachigkeit und metakognitive Methodik im Besonderen Einfluss auf das Verständnis, die Entwicklung und die Versprachlichung von komplexen, multikausalen geographischen Kausalstrukturen im Rahmen des Denkens in systemischen Mensch-Umwelt-Beziehungen im Geographieunterricht? In der vorliegenden Arbeit wird Kausalität im Sinne von Verursachung verstanden, also der Betrachtung von Relationen zwischen Ursache und Wirkungen sowie als Repräsentation von Kausalprinzipien, d.h. einer gesetzesähnlichen Formulierung der Verursachung. Eine Versprachlichung beider Konzepte von Kausalität ist Voraussetzung für einen dem Prinzip des systemischen Denkens und Lernens folgenden Geographieunterricht. Zu diesem Zweck wurden in der ersten Teilstudie geographische (inhaltliche) und linguistische Merkmale von geographischen Kausalstrukturen herausgearbeitet. Auf Grundlage der erarbeiteten sprachlichen Merkmale von Kausalität wurden bestehende Scaffolds, die bereits Verwendung im Rahmen systemischer Denkprozesse finden, hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf das Versprachlichen geographischer Kausalstrukturen geprüft. Die Prüfung erfolgte anhand eines im Rahmen der Studie entwickelten Modells. Mithilfe des Modells wurden inhaltliche und sprachliche Fehlermuster identifiziert und mögliche Modifikationen sprachlicher Scaffolds konzeptionell dargestellt. Es stellte sich heraus, dass sprachliche Scaffolds zwar die Versprachlichung linearer/ monokausaler Verbindungen verbesserten, jedoch kaum eine Wirkung auf die Entwicklung komplexer, multikausaler geographischer Kausalstrukturen hatten. Festgestellt wurde jedoch die herausragende Bedeutung von Sprache bzw. Sprachbewusstheit für die inhaltlich-sprachlich kohärente Entwicklung geographischer Kausalstrukturen. Ausgehend von dieser Erkenntnis wurde im Rahmen der zweiten Studie die Wirkung von Mehrsprachigkeit und damit einhergehender Ressourcen untersucht. Der Studie ging die Annahme voraus, dass Mehrsprachigkeit im Unterricht zu einer erhöhten Sprachbewusstheit und zu einem besseren Zugriff auf metakognitive Fähigkeiten von Schüler*innen führen würde. Diese bei den Schüler*innen vermutete (zwischen-) sprachliche Metabewusstheit wurde anhand mehrmündlicher Unterrichtssequenzen erfasst und mit einsprachig schriftlichen Ergebnissen verglichen. Dabei konnte eine erhöhte inhaltlich-sprachliche Kohärenz konstruierter geographischer Kausalstrukturen festgestellt werden. Jedoch führte die Verwendung von Mehrsprachigkeit nicht zu einer Zunahme komplexer, multikausaler Ursache- Wirkungs-Zusammenhänge. Daraus ergab sich der Gedanke, im Rahmen der dritten Teilstudie die strategischen Dimensionen der Entwicklung geographischer Kausalstrukturen zu untersuchen. Hierbei stand vor allem die Wirkung von Metakognition und von Methoden im Mittelpunkt, die Metawissen und Metastrategien fördern sollen. Durch den Einsatz selbstentwickelter strategisch-sprachlicher Fördermaßnahmen wurde die Wirkung von Metakognition auf die Konstruktion und Versprachlichung komplexer, multikausaler geographischer Kausalstrukturen empirisch überprüft. Es wurde deutlich, dass Methoden zur Förderung metakognitiver Strategien einen starken Effekt auf die Entwicklung komplexer geographischer Kausalstrukturen haben. Zugleich erhöhen metakognitive Methoden die thematische Passung sowie die inhaltlich-sprachliche Kohärenz versprachlichter geographischer Kausalstrukturen. Auf Grundlage der Erkenntnisse aller drei Teilstudien konnte die zentrale Bedeutung von Sprachfähigkeit für das fachliche Lernen belegt werden. Um Schüler*innen das Denken in und Versprachlichen von komplexen Kausalstrukturen zu ermöglichen, ist eine strategische Unterstützung in Form metakognitiver Methoden folglich unabdingbar.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Translated title:
TitleLanguage
Causality and language in geography teaching -. Influencing factors and support strategies for developing geographical causal structures within the framework of systemic thinkingEnglish
Translated abstract:
AbstractLanguage
From a geographic point of view, the world, its processes, structures, and functions, are the result of systemic cause-effect relations between humans and the environment. Are we to change human-environment systems, our diagnoses, explanations and predictions rely on mental representations of that cause-effect relations, termed geographical causal structures in the dissertation. For complex, space-related acting, the understanding, and progression of multicausal, highly interconnected and complex geographical causal structures are central cognitive skills. When teaching those causal cognitive skills, however, what becomes apparent is that students often are merely able to develop monocausal, linear causal structures that do not sufficiently represent the complexity of human-environment relations. It has remained unsolved to what extent students’ linguistic competences, or respectively technical registers, multilingual resources or metacognitive skills affect the development of complex geographical causal structures. It is furthermore uncertain, what causality-sensitive linguistic and metacognitive support for improved technical learning of systemic content might look like. The goal of this dissertation is, departing from the current state of research, to identify contentual and linguistic features of causal structures in the geography classroom. Based on approaches by cognitive linguistics, problem-solving, multilingual didactics, and meta-cognition research, support strategies for the development and verbalization of complex causal structures suited for the application in the geography classroom will be developed and tested empirically with regard to their effectiveness. To that end, three partial studies were conducted, and their findings published in professional journals. The present dissertation comprises these three studies backed by the general research question: In what way do language in general, and linguistic scaffolds, multilinguality and metacognitive methods in particular, affect the understanding, development, and verbalization of complex, multicausal geographical causal structures within the cognitive framework of systemic human-environment relations in the geography classroom? Causality was thereby understood depicting causation, i.e., the observation of relations between cause and effects, as well as the representation of causal principles, i.e., a law-like description of that causation. Verbalizing both concepts of causality is a prerequisite for geography lessons pursuing the paradigm of systemic thinking. Therefore, in the first partial study geographical (contentual) and linguistic features of geographical causal structures were worked out. Based on the identified linguistic features of causality, existing scaffolds applied within the frame of systemic thinking processes were tested as to their effectiveness on the verbalization of geographical causal structures. Testing took place using a model developed as part of the study. By means of that model, contentual and linguistic error patterns were recognized, and possible modifications of linguistic scaffolds conceptually depicted. It became evident that linguistic scaffolds can indeed enhance the verbalization of linear/monocausal links but have hardly any effect on the creation of complex, multicausal geographic causal structures. What can be shown, however, is the exceptional significance of language or language awareness for the contentually and linguistically coherent development of geographical causal structures. Based on these findings, the effect of multilinguality and its accompanying resources was researched in the second study, as to if it was leading to a theoretically assumed raised language awareness and higher metacognitive skills among students. The effects of the (inter-) linguistic metaawareness that had been established in theory were recorded within multilingual lesson sequences and compared with monolingually written results. Our finding was an increased coherence of content and language within the created geographical causal structures. Albeit did the application of multilinguality not show an increase in the number of established complex, multicausal cause-effect relations. This led to the third partial study, researching the strategic dimensions in the development of geographic causal structures by means of the effect of metacognition or, respectively, methods that support metaknowledge and metastrategies. The effect of metacognition on the construction and verbalization of complex, multicausal geographic causal links was empirically researched through the application of self-developed strategic-linguistic promotional actions (interventions). Evidence was produced that specific methods supporting metacognitive strategies have a strong effect on the development of complex geographic causal structures. Likewise, metacognitive methods increase topical matching and the contentual-linguistic coherence of verbalized geographic causal structures. Based on the results of all three partial studies, the crucial significance of linguistic skills for technical learning could be verified. What is, however, evidently required is strategic support through metacognitive methods, in order to improve students’ cognitive processing and verbalization of complex causal structures.English
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Heuzeroth, Johannesjohannes.heuzeroth@uni-koeln.deorcid.org/0000-0002-5062-9777UNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-542476
Date: 14 December 2021
Place of Publication: Köln
Language: German
Faculty: Faculty of Mathematics and Natural Sciences
Divisions: Faculty of Mathematics and Natural Sciences > Department of Mathematics and Science Education > Institute of Geography Education
Subjects: Education
Natural sciences and mathematics
Earth sciences
Geography and travel
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
Mensch-Umwelt-Systeme, Systemisches Denken, Komplexität, Kausalität, Problemlösen, komplexe geographische Kausalstrukturen, Scaffolds, Mehrsprachigkeit, MetakognitionGerman
human-environment systems, systemic thinking, complexity, causality, problem solving, complex geographical causal structures, scaffolds, multilingualism, metacognitionEnglish
Date of oral exam: 6 December 2021
Referee:
NameAcademic Title
Budke, AlexandraProf. Dr.
Schäbitz, FrankProf. Dr.
Related URLs:
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/54247

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