Lovric, Damir (2009). Multimediale Visualisierung als Werkzeug moderner Wissenskommunikation. Der Einfluss systematisierender externer Repräsentationsformen auf Lernleistung und Lernemotion im Fach Klinische Psychologie. PhD thesis, Universität zu Köln.
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Abstract
Zum Aufbau der Arbeit Die Arbeit hat sich insgesamt drei Aufgaben zum Ziel gesetzt, die sich im dreiteiligen Aufbau des Textes widerspiegeln: Erstens wird in einem einleitenden Modell-Teil (A) das hier angewandte und ueberpruefte didaktisch-methodische Vorgehen erlaeutert und (neuro-)wissenschaftlich begruendet. Die Begruendung selbst erscheint im Gewand der postulierten didaktischen Prinzipien, deren Zentrum durch Konzepte der externen Visualisierung gebildet wird. Die Entwicklung und empirische Evaluation dieser Konzepte, die nach lehr-lerntheoretischen Gesichtspunkten eigens fuer diese Untersuchung erstellt wurden, stellt das zentrale Anliegen dieser Arbeit dar. Zweitens bringt sie im Anwendungs-Teil (B) die wesentlichen Elemente der psychologischen und kausalen Psychotherapie nach Gottfried Fischer in eine kompakte Form, wobei gleichzeitig die einzelnen Bereiche - der Maxime der hier angewandten Methode folgend - in einen breiteren Kontext eingeordnet und systematisiert werden. Insbesondere die biopsychologische Perspektive findet eine Erweiterung, wobei das Kapitel 'Biopsychologische Grundlagen' des A-Teils zu beiden Abschnitten zu zaehlen ist. Das gesamte Material wird mit Hilfe der hier untersuchten Lehr- und Visualisierungsmethode veranschaulicht. Drittens wird der Einfluss dieses - von den erstellten Unterrichtsmaterialien getragenen - didaktisch-methodischen Vorgehens auf den Lerneffekt und die Lernemotionen in mehreren empirischen Untersuchungen getestet und die Ergebnisse im abschliessenden dritten Teil (C) dargestellt und diskutiert. Konzepte und Leitlinien Im Einklang mit der Cognitive Load Theory von Sweller et al. sieht der Autor die begrenzte Verarbeitungskapazitaet des Arbeitsgedaechtnisses als handlungsleitend fuer die Entwicklung und Erstellung der Visualisierungen sowie fuer das didaktisch-methodische Vorgehen insgesamt an. Die Erkenntnisse der experimentalpsychologischen und neurowissen-schaftlichen Gedaechtnisforschung, wonach die optimale Nutzung des Arbeitsgedaechtnisses einerseits und der je subjektive, emotionale Zustand in der Lernphase andererseits, einen wichtigen positiven Einfluss auf den Lern- und spaeteren Anwendungserfolg nimmt, bilden dabei die Basis fuer die paedagogisch-psychologischen Konzeptionen und Strategien dieser Arbeit. Nur eine optimale Nutzung der biologischen Voraussetzungen – so der Autor – gewaehrleistet eine effektive Informationsaufnahme und verhindert eine Ueberforderung der Verarbeitungskapazitaeten. Insbesondere diesen Zielen sollen die fuer diese Arbeit erstellten und in der Untersuchung in ihrer Wirksamkeit getesteten didaktisch-methodischen Visualisierungen und Konzeptionen dienen. Als methodisches Konstrukt, das gleichsam den Rahmen fuer die Praesentation der Visualisierungen bildet und einen Leitfaden fuer die Gestaltung des Praesenzunterrichts darstellt, empfiehlt der Autor fuenf Elemente, die nacheinander vom Lehrenden hervorgehoben werden: Struktur Kontext Prinzip Detail Wiederholung und Differenzierung Was die Struktur dieses Modells anbelangt, handelt es sich streng genommen um eine Auflistung von fuenf Konstrukten, aus deren Anwendung ein lernfoerdernder Effekt erwachsen soll. In der aufgefuehrten Reihenfolge bilden sie - insbesondere bei der Vermittlung sehr faktenreicher Wissenseinheiten - eine Art kausaler Ordnung. Diese muss jedoch nicht zwingend eingehalten werden. So kann es - je nach Lernstoff - auch sinnvoll sein, die Prinzipien (Regeln) aus den Details heraus zu erarbeiten bzw. durch Verwendung von Beispielen, die Lernenden die Prinzipien selbststaendig erarbeiten bzw. konstruieren zu lassen. Die vom Autor empfohlenen methodischen Konstrukte werden als Elemente der unterschiedlichen Phasen des Lernens, wie sie in der Gedaechtnisforschung herausgearbeitet wurden, beschrieben: Erste Phase: Das methodische Vorgehen in der Phase der Encodierung bzw. ersten Aneignung der zu lernenden Informationen muss den Begrenzungen des Arbeitsgedaechtnisses Rechnung tragen. Das systematisierte Vorgehen mit den Konstrukten Struktur, Kontext, Prinzip und Detail dient dem ersten Aufbau eines neuen Schemas unter Einbeziehung hilfreicher Strategien, die das Einspeichern erleichtern und optimieren. Zweite Phase: Der Einspeicherung folgt in dieser Phase die Konsolidierung bzw. Stabilisierung der angeeigneten Schemata. Aktive Wiederholungszyklen unter Einbeziehung der Lernraster festigen die Struktur und Schaffen feste Ordnungspunkte. Dritte Phase: Die zuvor erarbeiteten Prinzipien und Details erlauben mittels der Wiederholungszyklen nicht nur eine Stabilisierung; vielmehr wird durch Variation der Systematiken und Inhalte eine Vertiefung und Differenzierung der Schemata vorangetrieben. Ziel ist eine Automatisierung des Schemagebrauchs, um beim weiteren Lernen das Arbeitsgedaechtnis wiederum zu entlasten und den Fokus der Aufmerksamkeit staerker auf die neuen Inhalte richten zu koennen. Die Untersuchung Dieser Leitfaden findet schliesslich in Form mehrerer Lehrveranstaltungen von 4 (in der letzten Studie von 8) Stunden seine konkrete Umsetzung. Die insgesamt vier Studien umfassende Untersuchung erlaubt durch ihr dreistufiges Design, die Wirksamkeit des hier empfohlenen methodisch-didaktischen Vorgehens, das als ein - didaktisch ausgearbeiteter und von multimedialen, externen Visualisierungen getragener - Frontalunterricht beschrieben werden kann, zu beurteilen. Dabei wurde zum einen die emotionale und motivationale Entwicklung im und nach dem Seminar, sowie der Wissenszuwachs direkt im Anschluss an die absolvierte Veranstaltung und vier Wochen spaeter umfassend und differenziert mittels standardisierter Verfahren erhoben. Zum ersten Erhebungszeitpunkt wurden die Vorerfahrungen und das Wissensniveau der Teilnehmer zu diesen Punkten ermittelt und zum untersuchten Seminar in Beziehung gesetzt. Somit konnte eine komparative Komponente eingefuehrt werden und das Fehlen einer Vergleichsgruppe zumindest zum Teil kompensiert werden. Die Ergebnisse Die Vorstudie konnte zeigen, dass Psychologie-Studenten wenige Monate nach ihrer Vordiplomspruefung, die u.a. den im Rahmen dieser Untersuchung vermittelten Stoff zum Inhalt hatte, kaum richtige Antworten auf die Fragen des Wissenstests geben konnten. Negativ gewendet heisst das: Fast alle Fragen wurden gar nicht, nicht vollstaendig oder falsch beantwortet. Der Bedarf einer weiteren Optimierung der Wissensvermttlung, insbesonder im Hinblick auf die Nachhaltigkeit, konnte gezeigt werden. In allen drei Stichproben der dann folgenden Hauptuntersuchung wiesen die Teilnehmer einen deutlichen Wissenszuwachs nach dem Seminar (t2) auf. Dieser Wissenszuwachs im Vergleich zum Vorwissen (t1) verringerte sich bis zum dritten Messzeitpunk (t3) vier Wochen nach der Fortbildung in geringerem Masse als dies zu erwarten gewesen waere. Dabei waren die Teilnehmer angehalten, den Lernstoff zwischen t2 und t3 nicht! aufzuarbeiten oder zu wiederholen. Ferner wurden die Testfragen weder zum Zeitpunkt t1 noch t2 korrigiert oder besprochen. Es sollte tatsaechlich nur getestet werden, was vom Seminar selbst abgespeichert werden konnte. In t3 zeigte sich im Vergleich zu t2 nur ein leichter Wissensabfall. Die Ergebnisse fielen jedoch in allen Faellen signifikant hoeher aus als zu t1. Der Wissensabfall lag somit signifikant unter dem zu erwartenden Wert. Nach Gage und Berliner (1996, S. 286) werden eine Woche nach einer Stoffdarbietung nur noch 17% des Materials erinnert. Dieser Wert wurde hier in allen drei Untersuchungen – zum Teil weit – uebertroffen. Es soll jedoch darauf hingewiesen sein, dass die Werte sich nicht einfach eins zu eins vergleichen lassen, da im Rahmen der hier durchgefuehrten Untersuchung auch MC-Fragen Verwendung fanden. Diese erleichtern das Erinnern, da die vorgegebenen Antwortmoeglichkeiten eine Erinnerungshilfe darstellen. Nichtsdestotrotz kann bei den vorliegenden Werten von einem positiven Ergebnis gesprochen werden, da die Ergebnisse die 17 % auch nach 4 Wochen erreichen und vielfach uebersteigen. Im Vergleich zu den Vorerfahrungen wurde das subjektive emotionale Erleben in den Lehreinheiten mit der SKPDW-Leitlinie durchweg als wesentlich positiver beschrieben. Insbesondere die Lernfreude, die Identifikation mit der Materie und die Bereitschaft, sich vertiefend mit den hier vermittelten Themen zu befassen, wurden hoeher bewertet als in der Vergangenheit. Dies ist ebenso als positiver Effekt des methodischen Vorgehens zu werten, da diese Emotionen einen wichtigen Faktor fuer den Lernerfolg darstellen. In diese Richtung wies auch die positive Selbsteinschaetzung der Teilnehmer, die sich nach der Lerneinheit, staerker als zuvor, zutrauten, den komplexen Lernstoff bewaeltigen zu koennen. Schliesslich wurde das Vorgehen des Dozenten sehr positiv beurteilt und eine hohe Zufriedenheit mit der Struktur, Klarheit und Nachvollziehbarkeit der Darbietung im Seminar zum Ausdruck gebracht. Das Mapping-Verfahren und die Visualisierungen wurden dabei explizit benannt. Dies ist insofern hoch zu bewerten, als der vermittelte Lernstoff inhaltlich hoechsten wissenschaftlichen Anspruechen genuegte (Er zog einen weiten Bogen von den anatomischen Grundlagen des Gehirns bis zu komplexen biochemischen Prozessen der Informationsverarbeitung im Rahmen der Gedaechtniskonsolidierung) und von der Zeitplanung so angelegt war, dass sehr viel Lehrstoff in einer relativ kurzen Zeit vermittelt wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass das hier angewandte didaktisch-methodische Vorgehen im Rahmen eines Frontalunterrichts einen konkreten Bedarf an staerker systematisierter und visuell ausgestalteter Stoffvermittlung befriedigt und in verschiedenen Kontexten und in unterschiedlichen Zielgruppen der Erwachsenenbildung nachweislich erfolgreich eingesetzt werden konnte. Seiner Forderung, Wissenschaft muesse stets bestrebt sein, effektive Uebersetzungs- und Transferprozesse in den praktischen Alltag anzubieten, stellt der Autor mit dieser Arbeit eine genau solches Transferkonzept an die Seite. Ein Stueck „gelebte Wissenschaft“, die nicht ueber der Praxis schwebt, sondern diese mit hilfreichen Konzepten speist. So muss Wissenschaft aussehen, will sie nicht Debatten jenseits der Lebenswirklichkeit paedagogisch-psychologischer Praktiker fuehren.
Item Type: | Thesis (PhD thesis) | ||||||||
Creators: |
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Corporate Creators: | Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln | ||||||||
URN: | urn:nbn:de:hbz:38-43217 | ||||||||
Date: | November 2009 | ||||||||
Language: | German | ||||||||
Faculty: | Faculty of Human Sciences | ||||||||
Divisions: | Faculty of Human Sciences > Department Psychologie | ||||||||
Subjects: | Psychology | ||||||||
Uncontrolled Keywords: |
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Date of oral exam: | 10 April 2010 | ||||||||
Referee: |
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Refereed: | Yes | ||||||||
URI: | http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/4321 |
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