Mucha, Lena (2014). Friedlicher ziviler Widerstand im Kontext des urbanen Konfliktes im Stadtteil Comuna 13 in Medellín (Kolumbien). Bachelor thesis, Universität zu Köln.
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Abstract
Seit mehreren Dekaden hat sich die Ethnologie der Problematik bewaffneter Konflikte zugewandt, wovon zahlreiche theoretische und empirische Untersuchungen zeugen, die in Zeitschriftenartikeln, Monographien und Sammelbände publiziert wurden. Bei diesen Arbeiten handelt es sich vornehmlich um Analysen innerstaatlicher Konflikte, die nicht selten bürgerkriegsähnliche Formen annehmen. Ob es sich um die Aneignung wertvoller Bodenschätze, Drogen oder um Machtansprüche, oft auch im Zusammenhang mit religiösen, politischen und/oder ethnischen Ideologien handelt, immer haben sich „Gewaltmärkte“ (Elwert 1996) entwickelt, die große Teile der Bevölkerung in Mitleidenschaft ziehen. Als Antwort auf diese internen, profitorientierten Konflikte kam es jedoch auch zunehmend zur Entstehung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich bemühen die Spirale der Gewalt aufzuhalten, um zu einem friedlichen Miteinander zurückzukehren. Über diese Formen des gewaltfreien Widerstandes, ihre Strukturen und Methoden jedoch finden sich bisher fast keine ethnologischen Untersuchungen. Umso wichtiger ist die nun von Frau Mucha vorgelegte Arbeit, die während eines einjährigen Aufenthalts in Kolumbien entstand. Ihr ist es gelungen in Medellin, der Hochburg des kolumbianischen Drogenhandels und Paramilitarismus, Zugang zu zivilgesellschaftlichen Organisationen zu bekommen, die mit friedlichen Mitteln gegen die zunehmende Gewalt und soziale Marginalisierung in der Stadt kämpfen. Bei diesen Konflikten handelt es sich nicht nur um die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Banden, die um die Kontrolle über Territorium und Bevölkerung in den einzelnen Stadtvierteln (Comunas) kämpfen, sondern auch um die Konfrontationen zwischen diesen Banden und staatlichen sowie privaten Sicherheitskräften. Nach der theoretischen Einführung, in der die strukturellen Elemente friedlicher Widerstandsbewegungen, wie die politischen und sozialen Rahmenbedingungen, Probleme der Identitätsbildung und Schaffung einer kollektiven Identität dargestellt werden, folgt zunächst eine kurze Darlegung des aktuellen Forschungsstandes zum Widerstand in Kolumbien. Da das Forschen in einem Gewaltkontext wie in der Comuna 13 sowohl für den Forscher als auch die Informanten gravierende Risiken und vor allem eine ethische Verantwortung des Ethnologen impliziert, widmet Frau Mucha dieser Problematik ein eigenes Kapitel. Nach der Einführung in den historischen und sozioökonomischen Kontext Medellins und der Comuna 13 werden eingehend die Hintergründe des nationalen Konfliktes geschildert, um anschließend die Urbanisierung des Bürgerkrieges und damit die bewaffneten Auseinandersetzungen auf lokaler Ebene in Medellín sowie der Comuna 13 zu erläutert. In diesem Zusammenhang geht Frau Mucha auf die gegenwärtige Konfliktsituation ein, in der speziell die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen als Kriegsressource, die aufgrund ihrer ökonomischen Perspektivlosigkeit zur Eingliederung in die Banden prädisponiert sind, sowie das Phänomen der „unsichtbaren Grenzen“ - Kriegsterritorien der unterschiedlichen Konfliktakteure - behandelt werden. Die Tatsache, dass die Zivilbevölkerung nicht nur direkt von der Gewalt betroffen ist, sondern selbst auch in die gewalttätigen Organisationen integriert ist, erschwert die Trennung von Opfer und Täter maßgeblich. Nur diese Teilnahme und Unterstützung der Banden gibt ihnen den notwendigen Rückhalt und stellt einen Teil ihres finanziellen Auskommens. Zentraler Gegenstand des empirischen Teils der Arbeit bilden schließlich die verschiedenen Formen und Akteure friedlichen Widerstandes in der Comuna 13. Hierbei hat sich Frau Mucha besonders mit vier Initiativen befasst, die durch unterschiedliche Methoden versuchen, gegen Gewalt und Terror vorzugehen. Dabei zeigt sie, dass die Zivilbevölkerung, entgegen dem öffentlichem Diskurs, nicht nur als passives Opfer der Gewalt zu verstehen ist, sondern sich durch ihre Widerstandsaktionen als eigenständiger sozialer Akteur definiert. Die Arbeit schließt mit einer deutschen und einer spanischen Zusammenfassung ab und gibt einen Hinweis auf aktuelle Geschehnisse. In einem Anhang finden sich detaillierte Angaben zu den Interviews sowie einige weitere Abbildungen.
Item Type: | Thesis (Bachelor thesis) | ||||||||
Creators: |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:38-58678 | ||||||||
Series Name at the University of Cologne: | Kölner ethnologische Beiträge | ||||||||
Volume: | 43 | ||||||||
Date: | 2014 | ||||||||
ISSN: | 1611-4531 | ||||||||
Language: | German | ||||||||
Faculty: | Faculty of Arts and Humanities | ||||||||
Divisions: | Faculty of Arts and Humanities > Fächergruppe 4: Außereuropäische Sprachen, Kulturen und Gesellschaften > Institut für Ethnologie | ||||||||
Subjects: | Customs, etiquette, folklore | ||||||||
Uncontrolled Keywords: |
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Date of oral exam: | 2014 | ||||||||
Referee: |
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Refereed: | Yes | ||||||||
URI: | http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/5867 |
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