Nazzal, Sahar (2024). Einfluss unterschiedlicher Ursachen der intrauterinen Wachstumsretardierung auf die langfristige neurokognitve Entwicklung bei der Ratte. PhD thesis, Universität zu Köln.
PDF
Dissertation_Dez_2024.pdf Download (10MB) |
Abstract
Eine intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR) führt zu fetalen Anpassungsmechanismen, welche Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter begünstigen. Neben metabolischen, kardiovaskulären und renalen Folgeerkrankungen wird IUGR mit einem erhöhten Risiko für neurokognitive und psychische Erkrankungen assoziiert. Bei von IUGR betroffenen Kindern wurden im Vergleich zu Kindern mit normalem Geburtsgewicht häufiger neurokognitive Defizite und psychische Erkrankungen diagnostiziert. Aufgrund des meist klinischen, retrospektiven Charakters der Studien ist es schwer, kausale Zusammenhänge zwischen Ursache und neuropathologischer Folge herzustellen. Ziel dieser Dissertation war es daher die neurokognitiven Folgen zweier unterschiedlicher, pathophysiologisch klar definierter IUGR-Modelle der Ratte zu untersuchen. Dazu wurde das Verhalten der Versuchstiere der beiden IUGR-Modelle (bilaterale Ligatur der Aa. und Vv. uterinae (LIG) und intrauteriner Stress (IUS) in Verhaltenstests mit einer Kontrollgruppe verglichen. Es wurden Verhaltenstests ausgewählt, welche das explorative Verhalten (Open- Field), das Angstverhalten (Elevated Zero Maze) sowie das räumliche Arbeitsgedächtnis und die Lernfähigkeit (Barnes Maze) überprüfen. In den Ergebnissen dieser Arbeit kann dargestellt werden, dass eine durch bilaterale Ligatur der uterinen Gefäße verursachte IUGR sowie intrauteriner Stress bei den Nachkommen zu einem erhöhten Aktivitätsniveau führen. So verbringen die Weibchen der LIG- und IUS-Gruppe im Open-Field Test signifikant mehr Zeit im „inneren Bereich“ der Apparatur und signifikant weniger Zeit im „äußeren Bereich“ (LIG w jeweils p<0,05; IUS w jeweils p<0,001). Auch legen sie im inneren Bereich der Apparatur eine signifikant weitere Strecke zurück (LIG w p<0,05; IUS w p<0,01). Das Ergebnis passt zu den retrospektiven klinischen Studien mit von IUGR betroffenen Kindern. Hier konnte mehrfach nachgewiesen werden, dass IUGR zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Aufmerksamkeits-Defizits-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) führt. Im Elevated Zero Maze Test verbrachten die Testtiere der LIG-Gruppe sowie die Weibchen der IUS-Gruppe signifikant mehr Zeit im „freien Bereich“ der Apparatur und signifikant weniger Zeit im „geschützten Bereich“ (jeweils p<0,05). Somit scheint IUGR, verursacht durch eine bilaterale Ligatur der uterinen Gefäße oder intrauterinen Stress, zu einem erniedrigten Angstverhalten zu führen. Wobei in Erwägung gezogen werden muss, dass auch das erhöhte Aktivitätsniveau zu entsprechenden Verhaltensmustern führen kann und weniger ein erniedrigtes Angstverhalten per se. Zu letzterer Deutungsmöglichkeit würde auch passen, dass die o.g Gruppen im Elevated Zero Maze in der gesamten Arena eine signifikant weitere Distanz zurücklegten (LIG m, IUS w jeweils p<0,05; LIG w p<0,01) und sich in einer höheren Geschwindigkeit fortbewegten (LIG m, LIG w jeweils p<0,01, IUS w p<0,05). Es konnte keine Beeinträchtigung der räumlichen Orientierung oder der Lernfähigkeit nachgewiesen werden. Das Ergebnis ist diskrepant zur aktuellen Studienlage, in welcher sowohl in retrospektiven klinischen Studien mit von IUGR betroffenen Kindern als auch in experimentellen Tiermodellen ein Zusammenhang zwischen IUGR und einer Beeinträchtigung der räumlichen Orientierung sowie der Gedächtnisleistung nachgewiesen werden konnte. Ein möglicher Erklärungsansatz für die Diskrepanz der Ergebnisse könnte darin liegen, dass in unserer Arbeit der Barnes Maze Test bei älteren Testtieren (P164) durchgeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Testtiere das initial im Vergleich zur Kontrollgruppe geringe Körpergewicht wahrscheinlich im Sinne eines schnellen Aufholwachstums (catch-up growth) wieder aufgeholt. Sowohl in retrospektiven klinischen Studien als auch tierexperimentell konnte nachgewiesen werden, dass catch-up growth bei IUGR einen positiven Einfluss auf die neurokognitive Entwicklung und das Lernverhalten hat. Es konnten keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bezüglich der neurokognitiven Entwicklung festgestellt werden. Zusammenfassend führen die von uns verwendeten IUGR-Modelle beide zu langfristigen neurokognitiven und psychischen Folgen in Form eines erhöhten Aktivitätniveaus sowie eines verminderten Angstverhaltens. Die räumliche Orientierung sowie die Lernfähigkeit sind nicht beeinträchtigt. Weitere Studien sind erforderlich, um die kausalen Zusammenhänge zwischen IUGR und den neurokognitiven und psychischen Folgen auf verhaltensbiologischer Ebene zu erforschen.
Item Type: | Thesis (PhD thesis) | ||||||||||||
Creators: |
|
||||||||||||
URN: | urn:nbn:de:hbz:38-741361 | ||||||||||||
Date: | 2024 | ||||||||||||
Language: | German | ||||||||||||
Faculty: | Faculty of Medicine | ||||||||||||
Divisions: | Faculty of Medicine > Kinder- und Jugendmedizin | ||||||||||||
Subjects: | Medical sciences Medicine | ||||||||||||
Uncontrolled Keywords: |
|
||||||||||||
Date of oral exam: | 11 June 2024 | ||||||||||||
Referee: |
|
||||||||||||
Refereed: | Yes | ||||||||||||
URI: | http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/74136 |
Downloads
Downloads per month over past year
Export
Actions (login required)
View Item |