Schwieren, Bill Paul Stephan (2025). Die intestinale Mikrobiota bei hämatologisch-onkologischen Hochrisikopatient:innen – Diversität und 3-IS als prognostische Marker bei allogenen Stammzelltransplantationen. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Die menschliche Mikrobiota steht spätestens seit dem Human Microbiome Project 2007 im Fokus klinischer Forschung. Für mehrere Krankheiten gibt es mittlerweile Hinweise auf einen Einfluss der Zusammensetzung der Mikrobiota auf die Krankheitsentstehung und den -verlauf. So zeigen Studien beispielsweise eine Assoziation einer diversen Mikrobiota mit geringerem Auftreten von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder sogar besserem Ansprechen auf Immuntherapien(Blanchaert C et al.: Fecal microbiota transplantation in ulcerative colitis. 2019; Larmonier et al.: T Lymphocyte Dynamics in Inflammatory Bowel Diseases. 2015; Lee et al.: Cross-cohort gut microbiome associations with immunecheckpoint inhibitor response in advanced melanoma 2022). Dies scheint in einer Regulation des Immunsystems durch die menschliche Mikrobiota begründet zu sein. Auch die Akute myeloische Leukämie (AML) mit der Therapiemöglichkeit der hämatopoetischen Stammzelltransplantation (SZT) steht wegen der Möglichkeit des Verhinderns von immunologischen Komplikationen durch Immunregulation durch die Mikrobiota im Fokus der Mikrobiomforschung. Da insbesondere für die Darmmikrobiota hier Assoziationen zum Krankheits- und Therapieverlauf zu bestehen scheinen, bedient sich die Mikrobiomforschung entweder der 16S rRNA-Gensequenzierung oder des Metagenom-Shotgun-Sequenzierung, um ein Mikrobiotaprofil zu erstellen. Beim whole genome sequencing wird das gesamte bakterielle Genom sequenziert, welches aufwändig ist. Das 16S rRNA-Gen wiederum ist wiederum nur ein Teil des bakteriellen Genoms, kodiert für einen Teil des Bakterien-Ribosoms und ermöglicht eine weniger aufwändige taxonomische Bestimmung. Da eine Sequenzierung mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist, werden auch einfacher zu bestimmende Metabolite der Darmmikrobiota, wie das Indoxylsulfat, untersucht, mit dem Ziel, für Krankheitsverlauf und Komplikationsrisiko prädiktive Marker zu identifizieren. In mehreren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass eine Dysbiose im Sinne eines wenig diversen Mikrobioms mit gehäuften Komplikationen wie dem Auftreten einer Graft versus Host Disease (GvHD) und letztendlich auch höherer Mortalität assoziiert ist. Dieser Mangel an Mikrobiomdiversität steht unter anderem mit Chemotherapien und antibiotischen Therapien im Zusammenhang. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Zusammenhänge zwischen Veränderungen in der Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota und der Inzidenz der GvHD sowie der Mortalität bei Patient:innen, die sich einer Stammzelltransplantation unterziehen, zu untersuchen. Ein weiteres Ziel ist die Analyse des Einflusses von Risikofaktoren wie z.B. Antibiotikagabe auf das Mikrobiom. Schließlich soll die Eignung des Metaboliten 3-Indoxylsulfat als Marker für Mikrobiom-Diversität und das Auftreten von Komplikationen nach der Stammzelltransplantation eruiert werden. Insgesamt soll die Arbeit einen Beitrag zum weiteren Verständnis von Mikrobiomveränderungen im Rahmen der Stammzelltransplantation leisten, was für die Entwicklung neuer Therapien von Komplikationen wichtig ist. Hierzu sammelten wir im Rahmen der COLLECT-Studie Urin- und Stuhlproben bei Patient:innen, die eine allogene Stammzelltransplantation erhielten. Ein Teil der Patient:innen wurde von der Erstdiagnose der AML bis ein Jahr nach Stammzelltransplantation beobachtet (Qi et al.: Treating Steroid Refractory Intestinal Acute Graft-vs.-Host Disease With Fecal Microbiota Transplantation. A Pilot Study 2018) (AML-Kohorte, n=16) und die restlichen Patient:innen lediglich von Aufnahme zur Durchführung der Stammzelltransplantation bis ein Jahr nach Stammzelltransplantation (SCT-Kohorte, n=64), wobei sich beide Kohorten überschnitten, das heißt die 16 Patient:innen in der AML-Kohorte waren auch Patient:innen in der SCT-Kohorte. Insgesamt wurden nach Ausschluss von Patient:innen wegen fehlender Proben 546 Proben von 64 verschiedenen Patient:innen analysiert und ausgewertet. Die 16S rRNA-Gensequenzierung wurde extern durchführt. Als Parameter für Diversität wählten wir den Shannon-Diversitätsindex. Unsere Ergebnisse zeigen einen signifikanten Abfall der Darmmikrobiotadiversität in beiden Therapiephasen (Akute Myeloische Leukämie-, AML-Phase und Stammzelltransplantations-, SCT-Phase). Nach der Induktions-Chemotherapie der AML erholte sich die Alpha-Diversität der Darmmikrobiota zumindest teilweise bis zur Aufnahme zur Stammzelltransplantation. Antibiotikagaben waren mit ausgeprägterer Dysbiose vergesellschaftet. Höhere Indoxylsulfat- Level im Urin korrelierten mit der höherer Mikrobiomdiversität (spearman’s rho 0,56, p<0,01). Im Rahmen einer multivariaten Regressionsanalyse stand zum Zeitpunkt des Engraftments eine geringe Mikrobiomdiversität (Shannon-Diversitätsindex < 1,32) als eigenständiger Faktor mit späterem Versterben in Korrelation (p=0,029). Auch zeigte sich zum Zeitpunkt des Engraftments bei weniger diverser Mikrobiota eine höhere GvHD-Rate (p<0,05). Die Dysbiose während therapieintensiver Phasen steht im Einklang mit bisherigen Forschungsergebnissen an SCT-Kohorten. Durch unsere Ergebnisse, die erstmals auch schon vor und während der Induktions-Chemotherapie gesammelt wurden, konnten wir eine Dysbiose während beider Therapiephasen für dieselben Patient:innen aufzeigen. Indoxylsulfat als Marker für die Mikrobiota war zwar statistisch signifikant mit Diversität, jedoch nicht mit klinischen Endpunkten korreliert. Hier ist die weitere Erforschung vor allem im Kontext mit weiteren Markern wie kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) sinnvoll. Wir konnten in beiden Kohorten eine Schädigung der Mikrobiota mit antibiotischer Therapie assoziieren. Dies unterstreicht die Relevanz einer leitliniengerechten und expertenkontrollierten antibiotischen Therapie. Schließlich konnten wir zumindest für den späten Zeitpunkt des Engraftments zeigen, dass die Diversität des Darmmikrobioms mit Überleben und GvHD assoziiert ist, was bisherige Forschungsergebnisse bestätigt(Taur et al.: The effects of intestinal tract bacterial diversity on mortality following allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. 2014; Weber et al. Low urinary indoxyl sulfate levels early after transplantation reflect a disrupted microbiome and are associated with poor outcome. 2015; Holler et al.: Metagenomic analysis of the stool microbiome in patients receiving allogeneic stem cell transplantation. Loss of diversity is associated with use of systemic antibiotics and more pronounced in gastrointestinal graft-versus-host disease 2014; Köhler N, Zeiser R: Intestinal Microbiota Influence Immune Tolerance Post Allogeneic Hematopoietic Cell Transplantation and Intestinal GVHD. 2018). Somit lässt sich anhand der Mikrobiotazusammensetzung bisher zwar nicht bereits zu Therapiebeginn auf ein erhöhtes Risiko für spätere Komplikationen schließen, dennoch wurde die Mikrobiota bereits in verschiedenen Interventionsstudien als Ansatzpunkt für Therapien genutzt. Hier zeigen sich erste vielversprechende Ergebnisse mit erfolgreicher Behandlung von steroid-refraktärer GvHD, beispielsweise mittels Fäkalem Mikrobiotatransfer (FMT). Solche neuen Optionen in der Behandlung dieser häufig auftretenden, lebensgefährlichen Komplikation der GvHD können das Überleben nach Stammzelltransplantation erheblich verbessern (van Lier et al.: Donor fecal microbiota transplantation ameliorates intestinal graft-versus-host disease in allogeneic hematopoietic cell transplant recipients. 2020; Kakihana et al. :Fecal microbiota transplantation for patients with steroidresistant acute graft-versus-host disease of the gut. 2016; Qi et al.: Treating Steroid Refractory Intestinal Acute Graft-vs.-Host Disease With Fecal Microbiota Transplantation. A Pilot Study. 2018). Auch wenn bislang große Fallserien hierzu fehlen, sind die zunehmend erfolgreiche Anwendung von Ergebnissen der Mikrobiomforschung im Rahmen von Stammzelltransplantationen innerhalb der nächsten Jahre und Jahrzehnte, die zu einer Verbesserung des Outcomes im Rahmen von Stammzelltransplantationen führen, realistisch.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Schwieren, Bill Paul Stephanbschwieren@aol.comUNSPECIFIEDUNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-782864
Date: 2025
Language: German
Faculty: Faculty of Medicine
Divisions: Faculty of Medicine > Innere Medizin > Klinik I für Innere Medizin - Hämatologie und Onkologie
Subjects: Medical sciences Medicine
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
MikrobiomGerman
StammzelltransplantationGerman
IndoxylsulfatGerman
MikrobiomdiversitätGerman
Date of oral exam: 24 February 2025
Referee:
NameAcademic Title
Vehreschild, Maria J.G.T.Univ.-Prof. Dr. med.
Scheid, ChristophProf. Dr. med.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/78286

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