Maier, Veit ORCID: 0000-0001-8607-6660 (2018). "Das alles und noch viel mehr..." Untersuchungen von Planungsaufgaben aus Geographieschulbüchern, dem Planungsprozess von Schüler*innen im Geographieunterricht und dem Verständnis von angehenden Geographielehrer*innen bezüglich des räumlichen Planens. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Raumnutzungskonflikte und daran anknüpfende planerische Lösungsvorschläge werden in demokratischen Gesellschaften weltweit öffentlich diskutiert. Um konstruktiv daran teilnehmen zu können, müssen künftige Generationen fallspezifisches Faktenwissen erwerben und sich Kompetenzen wie Analyse-, Argumentations- und Partizipationsfähigkeiten aneignen. Ein wichtiger Ort für die Vermittlung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten ist der Geographieunterricht. Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, wie räumliches Planen in Geographieschulbüchern behandelt, von Schüler*innen im Geographieunterricht durchgeführt sowie von angehenden Geographielehrer*innen verstanden wird und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können. Räumliches Planen wird in der vorliegenden Dissertation in mehreren Studien aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht. Im ersten Teil wurden Aufgaben aus Geographieschulbüchern analysiert, um das Auftreten von Planungsaufgaben in Schulbüchern festzustellen. Dazu wurden Geographieschulbücher, die in NRW sowie solche, die in England und Wales im Einsatz sind, inhaltsanalytisch untersucht und verglichen. Im zweiten Teil wurde der Planungsprozess von Schüler*innen im Geographieunterricht untersucht, um ihren Umgang mit Planungsaufgaben festzustellen. Dazu wurde der Planungsprozess dokumentiert und aufgezeichnet sowie argumentationsanalytisch ausgewertet. Im dritten Teil wurden angehende Geographielehrer*innen der Universität zu Köln und der Fontys University of Applied Sciences in Tilburg in Seminaren zur Politischen Bildung bzw. zum räumlichen Planen geschult. Sie füllten Fragebögen aus, um festzustellen, welche Ansichten sie in Bezug auf die entsprechenden Themen haben. Die Fragebögen im Prä-Post-Design wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. Außerdem wurden im Rahmen des Seminars zum räumlichen Planen Unterrichtsbeobachtungsbögen erstellt, iterativ verbessert und anschließend inhaltsanalytisch ausgewertet. So konnte deren Bedeutung bezüglich der Reflexion des Themas festgestellt werden. Als Voraussetzung für die Beschäftigung mit räumlichem Planen wurde die folgende Definition erarbeitet: „Planning in geography classes can be understood as a spatial, value-orientated and creative shaping practice of the future. As a preparation for decisions, it is part of a problem-solving process” (Maier & Budke, 2016b, S. 10). Die wesentlichen Ergebnisse der Schulbuchuntersuchung sind, dass Planungsaufgaben in den untersuchten Schulbüchern, die in England und Wales zum Einsatz kommen, häufiger gestellt werden, als in den Schulbüchern, die in NRW Verwendung finden. Bemerkenswert ist in den untersuchten deutschen Schulbüchern der Fokus der Planungsaufgaben auf die individuelle Lebensplanung und Selbstverwirklichung, bspw. auf Individualreisen. Bei den analysierten britischen Schulbüchern konnte ein Schwerpunkt auf Themen mit gesellschaftlicher Tragweite, wie bspw. Naturkatastrophen und Klimawandel, identifiziert werden. Eine Ursache könnte im unterschiedlichen Verständnis von Politischer Bildung bzw. citizenship education liegen. Die zentralen Ergebnisse der Untersuchung im Bereich der Unterrichtsforschung sind, dass Schüler*innen beim räumlichen Planen in Kleingruppen bei kontroversen Aspekten diskutieren, ihre Argumentationen jedoch nur äußerst selten vollständig sind, d. h. aus mindestens einer Begründung, Behauptung und Geltungsbeziehung (vgl. Toulmin, 1996) bestehen. Ursachen könnten darin liegen, dass im Unterricht vorhandene Machtstrukturen Diskussionen unterbinden, fehlendes Fachwissen Argumente verhindert oder die Argumentationskompetenzen unzureichend ausgeprägt sind. Beim mündlichen Argumentieren wird außerdem auf gemeinsame Wissensbestände Bezug genommen, welche jedoch unausgesprochen und damit implizit bleiben. Als wesentliche Ergebnisse der Untersuchungen zur Lehrer*innenprofessionalisierung wurden verschiedene Herausforderungen im Geographieunterricht identifiziert. Angehende Geographielehrer*innen sehen in der Rollen- und Perspektivenübernahme eine vielversprechende Möglichkeit, räumliches Planen zu vermitteln. Gleichzeitig bedarf in diesem Zusammenhang die Meinungsbildung im Unterricht angeleiteter Reflexivität. Die angehenden Lehrer*innen geben an, dass es für Schüler*innen motivierend ist, wenn im Unterricht mit Beispielen an ihren Lebensalltag angeknüpft wird. Jedoch stellt der Transfer auf eine abstraktere oder allgemeinere Ebene eine Herausforderung dar. Unterricht zum räumlichen Planen kann kreativitätsfördernd aufgebaut sein, jedoch müssen dabei auch reale Begebenheiten, wie z. B. finanzielle Beschränkungen, berücksichtigt werden. Die teilnehmenden Studierenden identifizierten gesellschaftliche Problemstellungen, wie das räumliche Planen, als geeignet, um Politische Bildung im Geographieunterricht umzusetzen. Für die angehenden Geographielehrer*innen stellt es eine Herausforderung dar, im Unterricht ein Verantwortungsgefühl für das eigene Handeln bei den Schüler*innen zu wecken und zugleich systemische Zusammenhänge aufzuzeigen und damit auch Einschränkungen zu verdeutlichen. Multiperspektivische Betrachtung kann dem kontroversen Charakter von räumlichen Planungsthemen und Politischer Bildung gerecht werden. Im Geographieunterricht muss jedoch im Rahmen der didaktischen Reduktion eine Auswahl der Betrachtungsweisen getroffen werden, welche die Darstellung des Gegenstands nicht verfälschen darf. Eine besondere Herausforderung für angehende Geographielehrer*innen besteht in der Konfrontation mit antidemokratischen Äußerungen von Schüler*innen. Der Umgang damit muss in der Lehrer*innenausbildung gelernt werden. Im Kontext von räumlichem Planen erwiesen sich die Entwicklung, der Einsatz und die Verbesserung von Beobachtungsbögen als ein anregender Reflexionsanlass. In diesem Zusammenhang stellen sich die durchgeführten internationalen Austauschprojekte durch die gesammelten neuen Erfahrungen für die Lehrer*innenbildung als sehr bereichernd heraus. Zusammenfassend erweisen sich räumliches Planen und Planungsaufgaben als fruchtbare Diskussionsanlässe in Geographieschulbüchern, im Geographieunterricht sowie in der Geographielehrer*innenausbildung und sollten daher stärker in den Fokus von Schulmaterial, Lehrer*innenausbildung, Unterricht und fachdidaktischer Forschung gerückt werden.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Translated title:
TitleLanguage
"Das alles und noch noch viel mehr..." Studies of planning tasks from geography textbooks, the planning process of students in geography lessons and the understanding of prospective geography teachers in terms of spatial planningEnglish
Translated abstract:
AbstractLanguage
Spatial planning, related conflicts and proposed solutions are publicly discussed worldwide in democratic societies. If future generations are to fully participate, the general public must acquire subject-specific knowledge and learn skills such as the ability to analyse, to argue and to participate. Geography lessons are an appropriate place to teach spatial planning knowledge and relevant skills. This work investigated 1) how spatial planning is treated in geography textbooks, 2) how pupils plan in geography lessons, 3) how geography education students understand spatial planning and draw conclusions from these results. Spatial planning was investigated in several studies from different perspectives: First, the occurrence of planning tasks in geography textbooks was analysed. Geography textbooks used in North-Rhine-Westphalia (NRW; Germany) and geography textbooks used in England and Wales were examined and compared via content analysis. Second, spatial planning problem-solving processes by pupils were examined in geography classrooms. For this purpose, pupils’ planning processes were documented and recorded, and pupils’ argumentation was analysed. Third, geography education students from the University of Cologne and from the Fontys University of Applied Sciences in Tilburg were trained in seminars on citizenship education and spatial planning and surveyed via questionnaires to determine their views on the relevant topics. The questionnaires were evaluated in terms of qualitative content analysis in a pre-post-design. In addition, within the scope of the seminar on spatial planning, instructional observation sheets were created, iteratively improved and subsequently evaluated through content analysis. In this way, the importance of the observation sheets with regard to the reflection of the topic could be determined. The following definition was developed as a prerequisite for dealing with spatial planning: “Planning in geography classes can be understood as a spatial, value-orientated and creative shaping practice of the future. As a preparation for decisions, it is part of a problem-solving process” (Maier & Budke, 2016, p. 10). The main results of the textbook investigation showed that spatial planning tasks in textbooks used in England and Wales were more frequent than in German textbooks. In the German textbooks analysed, we examined that the focus of spatial planning tasks was on individual life planning and self-realization, e. g. individual tourism. In contrast, in the British textbooks analysed, we identified a focus on topics with greater social consequences, such as natural disasters and climate change. One reason could be the different understanding of citizenship education or Politische Bildung within the two countries. The central results of the classroom-based research were that pupils in small groups discussed controversial aspects of spatial planning, but their arguments were rarely complete, meaning that they consisted at least of one claim, one ground, and a warrant after Toulmin (1996). It is possible that power structures among the pupils prevented such discussions, or that a lack of sufficient subject-specific knowledge prevented complete arguments, or that student argumentation competences were insufficient. In their oral arguments, students regularly referred to an unarticulated supposedly common knowledge base, but this base remains unexpressed, unexamined and implicit. Various challenges in geography teaching have been identified in the studies on teacher professionalism. Our survey revealed that the participating geography education students consider the adaption of roles and perspectives to be a promising opportunity to teach spatial planning. In this study, however, pupils’ formation of opinions required explicit guided reflection. The prospective teachers stated that it is motivating for pupils to work with examples of pupils’ everyday life in the lessons. However, the transfer to a more abstract or general level is a challenge. Lessons for spatial planning can be designed to promote pupils’ creativity, but the consideration of real-world limitations and barriers, such as financial restrictions, must also be taken into account in these lessons. Participating students identified societal concerns, such as urban planning, as an appropriate approach for implementing citizenship education in geography lessons. By teaching systematic relationships, pre-service geography teachers were faced with the challenge of awakening the pupils’ sense of responsibility for their own actions and, at the same time, their limitations. Including a wide diversity of perspectives (multiperspectivity) can help to meet the controversial character of spatial planning topics and citizenship education. As part of the lesson planning (Didaktische Reduktion) in geography lessons, a variety of perspectives and stakeholders must be recognised. This selection of perspectives, however, must not distort the subject matter. A special challenge for pre-service geography teachers is the confrontation with antidemocratic student statements. This has to be learned in teacher training seminars. In the context of spatial planning, the development, use and improvement of observation sheets seemed to be appropriate for stimulating teacher reflection. We also found that international exchange projects in teacher training turned out to be very enriching and appropriate experiences. In conclusion, spatial planning and its many related tasks were found to be productive for discussions, in geography textbooks, in geography lessons, and in geography teacher training. I recommend a stronger and better articulated focus on spatial planning in school material, teacher training, teaching and geography education research.English
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Maier, Veitveit.maier@uni-koeln.deorcid.org/0000-0001-8607-6660UNSPECIFIED
Corporate Creators: Universität zu Köln
URN: urn:nbn:de:hbz:38-84619
Date: 28 May 2018
Language: German
Faculty: Faculty of Mathematics and Natural Sciences
Divisions: Faculty of Mathematics and Natural Sciences > Department of Mathematics and Science Education > Institute of Geography Education
Subjects: Education
Earth sciences
Civic and landscape art
Geography and travel
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
Raumplanung, Planung, räumliches Planen, Geographieunterricht, Schulbuchanalyse, internationaler Schulbuchvergleich, Planungsaufgaben, Planungsprozess, Planungsmethoden, Argumentation, Unterrichtsanalyse, Unterrichtsforschung, Professionalisierungsforschung, Lehrerprofessionalisierung, Internationalisierung, Transnationalisierung, Politische Bildung, Beobachtungsbogen, Unterrichtsbeobachtungsbogen, deutsch-niederländischer Austausch, Austauschseminar,German
spatial planning, planning, , geography lessons, textbook analysis, international textbook comparison, planning tasks, planning process, planning methods, argumentation, class analysis, classroom research, professionalization research, teacher professionalization, internationalization, transnationalization, citizenship education, observation sheet, class observation sheet, German-Dutch exchange, exchange seminar,English
Date of oral exam: 16 July 2018
Referee:
NameAcademic Title
Budke, AlexandraProf. Dr.
Weiss, GüntherPD Dr.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/8461

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