Feuersänger, Grischa Peter (2009). Isolation, Charakterisierung und Einsatzmöglichkeiten von hitzeadaptierten Protozoen in der thermalen Abwasseraufbereitung von Prozesswasser-Kreislaufsystemen. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Protozoen werden bereits seit vielen Jahren in Belebungsanlagen städtischer Klärwerke zur biologischen Aufbereitung von sanitären Abwässern als Bakterienkonsumenten eingesetzt. Bei den hier vorgestellten Arbeiten wurden die Einsatzmöglichkeiten ausgewählter Protozoenarten in einer erweiterten biologischen Reinigungsstufe im Anschluss an eine kombinierte anaerobe/aerobe Prozesswasseraufbereitung am Beispiel der Altpapier verarbeitenden Industrie untersucht. Prägend für die Umweltbedingungen in den jeweiligen Belebungsbecken ist, neben den für die Papierfabrik typischen Belastungsmerkmalen wie organische Fracht, ein hoher Härtegrad, sowie erhöhter Salzgehalt oder schwankende pH-Werte und die hohe Temperatur von bis zu 40°C und darüber. Diese Temperaturerhöhung ergibt sich aus der vorangegangenen, anaeroben Behandlungsstufe(MTS), die aufgrund des metabolischen Optimums der eingesetzten methanogenen Bakterien bei 45°C und höher betrieben wird. Somit ist die erste Vorraussetzung für Protozoen, die als alternatives, bakterielles Flockungsmittel zum Einsatz kommen sollen, eine Temperaturtoleranz von 40°C. Abschnitt 1 der Arbeit befasste sich mit dem Vorkommen und den Charakteristika verschiedener Ciliatentaxa, die neben den hohen Belastungsgraden an chemischem Sauerstoffbedarf(178-2000 mg/l) und Calciumgehalt(220-600 mg/l), Temperaturen von bis zu 42°C widerstanden. Dabei zeigte sich, dass viele der vorgefundenen Morphospezies bei wesentlich höheren Temperaturen vorgefunden wurden, als ursprünglich aus der Literatur bekannt war. Zusätzlich ergab sich eine wesentlich größere Artenvielfalt, als ursprünglich angenommen. Im Anschluss an die vergleichenden autökologischen Untersuchungen zur maximalen und temporär tolerierbaren Temperatur ausgewählter Ciliaten-Morphospezies aus Belebung und Freiland, wurde das Spektrum auf die heterotrophen Flagellaten ausgeweitet. Heterotrophe Nanoflagellaten sind als Hauptbakterienkonsumenten ein wesentlicher Bestandteil im Stofffluss des mikrobiellen Nahrungsgewebes und tragen wesentlich zur Bakterienelimination in Klärbecken bei. In den Belebschlammproben wurden ebenfalls Vertreter der Jakobiden gefunden, die morphologisch mit Vertretern aus dem Freiland identisch waren, jedoch in der Temperaturtoleranz signifikante Unterschiede aufwiesen. Molekularbiologische Untersuchungen konnten bisher noch keinen definitiven Aufschluss darüber geben, ob es sich hierbei um eine neue Art oder Unterart handelte, noch worin die thermale Anpassung bestand. Sie gaben jedoch Anlass zu der Vermutung, dass diese Anpassung in Folge der Synthese von spezifischen Heat Shock Proteinen, die in ihrer speziellen Eigenschaft die Struktur essentieller metabolischer Enzyme erhielten und eine Denaturierung verhinderten, entstanden war. Die hohe Temperaturtoleranz zahlreicher Protozoenarten sollte auch bei hohen Temperaturen einen Einsatz in einer zusätzlichen aeroben Reinigungsstufe unter Berücksichtigung von Energieeinsparung ermöglichen. Kurze Generationszeiten, eine Verbreitung über Enzystierung, spezifische ortsgebundene Anpassung mit abweichenden Geno- und Ökotypen tragen wesentlich zu dem Modellcharakter von Protozoen. Sie ermöglichen Untersuchungen zur Mikroevolution und adaptiven Prozessen. Abschnitt 2 befasste sich mit den Reinigungsstufen der Wasseraufbereitung, die einer erweiterten Trägerbiologie vorgeschaltet waren. Neben der organischen Belastung führten in erster Linie anorganische Frachten wie z.B. Kalzium und Chloride zu Kalkablagerungen und Korrosion an verschiedenen Stellen der Kreislaufwasserbehandlung. Durch Anlagerung von Kalzium sedimentierte Biomasse und wurde aus der aktiven Reinigung ausgeschleust. Die Folge war eine geringe Wiederverwendungsquote des Prozesswassers und zahlreiche Reinigungsstillstände. Im Anschluss das MTS, in dem durch methanogene Bakterien ein Großteil der organischen Fracht eliminiert werden konnte, wurde mit Hilfe der aeroben zyklischen Enthärtung(AZE) das Kalzium aus dem System ausgeschleust und somit die Umweltbedingungen geschaffen, die eine zusätzliche biologische Aufbereitung in Form von thermal angepasster Protozoen ermöglichten. Durch die Integration des Enthärtungsverfahrens und einer Rezirkulation konnte die thermophile Anaerobstufe, ohne für die Methanbakterien und die Trägerbiologie gefährlichen CaCO3-Ausfällungen, im optimalen pH-Bereich betrieben werden. Im Anschluss an das Aerobe Zyklische Enthärtungsverfahren sollte die Prozesswasserbehandlung durch gezielten Einsatz thermophiler Protozoen unterstützt werden. Die Versuchsarten Histiona sp., Oxytricha longa und Cyclidium glaucoma wurden aus einer Belebungsanlage eines Indirekteinleiters bei einer Temperatur von 40°C und darüber isoliert und kultiviert. Hierbei ergaben die Untersuchungen zum Einfluss auf die Bakteriengemeinschaft, dass sich unter der Anwesenheit von heterotrophen Nanoflagellaten vor allem die Abundanz der Bakterienaggregate und der darin gebundenen Bakterien stark steigerte. Dies hatte eine Erhöhung des sedimentierbaren organischen Materials zur Folge. Untersuchungen zu der Entwicklung des chemischen Sauerstoffbedarfs ergaben über einen Zeitraum von 6 Tagen bei einer reinen Sauerstoffbegasung einen nahezu stabilen CSB-Wert, während unter Anwendung ausgewählter Ciliatenarten eine CSB-Reduktion um über ein drittel erzielt werden konnten. Daraus ergab sich, dass neben den Eliminationsraten von bis zu 95% für Calcium und 86% für den CSB, den MTS und AZE erzielten, eine erweiterte Trägerbiologie den CSB um ein weiteres drittel reduzieren könnte. Innerhalb der Prozesswasserkreislaufschließung ließe sich eine erweiterte Trägerbiologie durch Bakterienkonsumption und Ausflockung mittels ausgewählter Protozoenarten auf die bisher übliche Verwendung von Bioziden, Halogenverbindungen und chemischen Flockungsmittel verzichten. Durch ihre thermale Anpassung würde dabei eine Reinigung auch bei hohen Prozesswassertemperaturen ermöglicht. Bisher wurden in Papierfabriken entweder Kühltürme oder offene Belebungsanlagen installiert, um die Temperatur für eine aerobe biologische Behandlung herabzukühlen. Der wesentliche Nachteil besteht darin, dass die Papierproduktion eine Prozesswassertemperatur von >50°C voraussetzt, was wiederum einen immensen Energieaufwand zur Beheizung mit sich bringt. Zusätzlich führen exponierte Anlagen häufig zu einer Geruchsbelästigung. Die zuvor beschriebene Behandlung mit MTS, AZE und Trägerbiologie ist in Zukunft in Form eines vollständig geschlossenen Wasserkreislaufes in einem gekapselten System mit Abluftfiltern vorgesehen.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Translated abstract:
AbstractLanguage
Protists have been commonly used in the activated sludge basins of municipal wastewater treatment. Their characteristic as substancial bacterial consumers assisted the biological wastewater treatment for many years. In this study, the possible applications of chosen protozoan species in an additionally biological treatment were investigated. It was intended to insert the tertiary treatment subsequent to a combined anaerobe/aerobe treatment into a circular wastewater purification process. The field of investigation was the paper producing industry using recovered paper. Additionally to the typical organic pollution, high water hardness, high salinity, fluctuating pH-values and high temperatures of 40°C and above form the basic environmental conditions within the activated sludge basin. The high temperature is the consequence of the operation temperature of the Meta Term System, which is estimated at 45°C and above. The temperature is installed according to the metabolic optimum of the methane producing bacteria, which reduce the organic content in exchange for biogas. The use of protists as an alternative, non-chemical flocculant would therefore require a tolerance towards high temperatures up to 40°C. The first chapter deals with the occurance and the characteristics of various protist taxa, which were able to sustain a high chemical oxygen demand(178-2000 mg/l), strong Calcium contents(220-600 mg/l) and high temperatures up to 42°C. Many indicated morphospecies were found at much higher temperatures than previously known from literature. Additionally a much higher biodiversity was found than previously assumed. Subsequent to the comparative studies of selected ciliate morphospecies from thermal wastewater and the field regarding their maximum and the temporarily tolerable temperature, investigations were enlarged to the heterotrophic nanoflagellates. As general bacterial consumers, heterotrophic nanoflagellates play an essential role in the carbon flow of the microbial food web and contribute essentially to the bacterial elimination in activated sludge basins. Activated sludge samples revealed a representative of the Jakobids, which did not show differences in morphology, but differed greatly in temperature tolerance from morphologically identical individuals from natural habitats. Molecular investigations did not provide an explicit solution, if the representatives from the thermal wastewater were an own new species or subspecies, or how this adaptation was achieved. But they lead to the assumption, that it was related to the synthesis of specific heat shock proteins. Heat shock proteins preserve the three dimensional structure of metabolic enzymes and avoid their denaturation. The high temperature tolerance of various protist species should allow an application in an additional aerobe treatment component under high temperatures, considering energy conservation. Short generation times, a distribution via cysts, specific local adaptations with diverging geno- and ecotypes make protists ideal model organisms for the study of microevolution and adaptation processes. The second chapter deals with the compartments of the circular wastewater treatment, which are supposed to be installed in front of the additional biological treatment. Along with the organic pollution, the anorganic content, for instance Calcium and Chloride, are responsible for corrosion. By the adsorbtion of Calcium, biomass sedimates and is excluded from the purification process. This resulted in a low rate of reused processing water and multiple cleaning shutdowns. The first, anaerobe compartment(MTS)consisted of methanogenic bacteria, which eliminated a large amount of the organic pollution at a temperature of 45°C. The aerobe treatment used an aerobe circular softening (AZE), which excluded Calcium from the wastewater and provides the environmental conditions for additional biological treatment based on thermally adapted protists. Supported by the AZE and an integrated recirculation into the MTS the treatment was operated under optimal pH-values and without the risk of CaCO3-precipitation. CaCO3-precipitation would lead to deactivation of the methanogenic bacteria and the biomass within the additional biological treatment. The additional compartment was intended to be operated with chosen protist species. Histiona sp.Tested, were isolated from the activated sludge basin of an indirect discharger paper mill and cultivated at temperatures up to 40°C. Studies of bacterial growth response in presence of a bacterivour predator, (heterotrophic nanoflagellate, Histiona sp.) showed a high increase of abundance of the bacterial aggregates and the integrated bacteria. The conclusion was that more organic material which could sedimate. Studies of the COD development showed different effects depending on the way of treatment. Previously anaerobically treated wastewater kept an approximately stable COD with a mere oxygen supply. An addition of specific Ciliate species the COD was reduced for more than one third over a period of 6 days. This lead to the conclusion that the MTS and the AZE, which eliminated up to 95% of the calcium content and reduced the chemical oygen demand by 86%, can be supported by an additional biological treatment with an efficiency of more than one third COD. Efforts to establish a completely closed circular wastewater treatment with a recovery rate of 100% could advance by the use of thermally adapted protists. As bacterial consumers and non chemical flocculants they could reduce the use of halogen compounds and biocides. To this day, cooling towers and open sludge basins were installed in paper mills in order to cool down the water temperature for further biological treatment. For reinsertion into the production process, the water had to be heated up to 50°C again. The thermal adaptation enabled a biological treatment at high temperatures, which would make a cooling unnecessary and save high energy costs. Additionally open activated sludge basins often led to smell nuisance. A combined anaerobe/aerobe treatment of meta therm system, aerobe circular softening and additional biological treatment could be established in a closed system with exhaust air purification. The potentially high temperature tolerance of several protists would make them accessible to an additional thermal aerobic water treatment saving energy. Short generation times, distributions via cysts, specific local adaptations along with divergent genotypes and ecotypes, make protists good model organisms to study microevolution and adaptation processes.English
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Feuersänger, Grischa Peterg_feuersaenger@yahoo.deUNSPECIFIEDUNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-26660
Date: 2009
Language: German
Faculty: Faculty of Mathematics and Natural Sciences
Divisions: Faculty of Mathematics and Natural Sciences > Department of Biology > Zoologisches Institut
Subjects: Life sciences
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
Temperaturtoleranz Protozoen Belebtschlamm thermal ReinigungGerman
Thermal tolerance protist wastewater treatmentEnglish
Date of oral exam: 3 February 2009
Referee:
NameAcademic Title
Arndt, HartmutProf. Dr.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/2666

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