Rose, Hannelore (2000). Sum figuli lusus ... Die römischen Terrakottamasken in den Nordwestprovinzen. Herkunft, Herstellung, Verbreitung, Funktion. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Gegenstand meiner Dissertation sind die römischen Terrakottamasken in den Nordwestprovinzen. Sie wurden bisher in der archäologischen Forschung nie ausführlich behandelt, obwohl es sich um eine auffallende und seit langem wahrgenommene Objektgruppe handelt. Möglicherweise entzogen sie sich einer eingehenden Betrachtung, weil sie nicht den traditionellen Charakteren der römischen Theateraufführungen entsprechen. Auch wenn die Masken eine römische Gattung sind, zeigt ihre Gestaltung in den Nordwestprovinzen jedoch deutliche regionale Varianten. Aus dem großen Fundus an etablierten Maskentypen wurde zum einen nur eine bestimmte Auswahl übernommen, vor allem aber wurden auch neue, eigene Formen entwickelt, die sich klar von den konventionellen Typen absetzen. Die Terrakottamasken beziehen sich auf Schauspiele und deren Ausstattung schlechthin, wobei wichtige Charaktere dem lokalen Geschmack angepaßt wurden. Insgesamt konnten für das ausgewählte Gebiet, das die Provinzen Britannia, Germania inferior und Germania superior sowie die Gallia Belgica umfaßt, Fragmente von rund 450 Masken zusammengestellt werden. Herstellungstechnik, Produktionszentren und deren Absatzmärkte, Typologie, Herkunft und Vorbilder der Masken sowie vor allem ihre Funktion und Bedeutung bilden weitere Schwerpunkte der Untersuchung. In der Regel sind die Terrakottamasken in Gipsformen hergestellt worden, vor dem Brand wurden sie überarbeitet und bemalt. Ihre Fertigung in Matrizen stellte spezielle Anforderungen an die Handwerker wie an das Material. Durch Funde in Werkstattkontext, die Verwendung charakteristischer Tonsorten sowie anhand der verschiedenen Serien konnten fünf Produktionsorte erwiesen werden. Unter ihnen stellen Köln und Trier zwei überregional bedeutsame Herstellungszentren dar. Die Masken kommen in der betrachteten Region im ausgehenden 1. Jh. n. Chr. auf, ihre Blütezeit erleben sie im 2. Jh. n. Chr. Im 3. Jh. n. Chr. ist ihre Produktion nur noch in Trier nachzuweisen. Überraschenderweise hat sich herausgestellt, daß der größte Teil der Masken weder den konventionellen Gattungen des römischen Theaters zugewiesen werden kann, noch mit dionysischen Gestalten in Verbindung zu bringen ist, wie es in anderen Regionen des Römischen Reiches häufig der Fall ist. Nur wenige Fragmente nehmen auf Charaktere der Neuen Komödie oder der Tragödie Bezug. Hingegen läßt sich eine deutliche Dominanz kahlköpfiger, bartloser männlicher Masken mit karikierten Gesichtszügen feststellen, die Charakteristika von Possenmasken aufweisen. Die Umformung der etablierten römischen Masken in eigene Typen zeigt sich sowohl in ihrer speziellen Ausprägung � eine besonders auffällige Eigenart sind die großen gebleckten Zähne - wie im Verhältnis der Großgruppen zueinander. Im Gegensatz zur gängigen Forschungsmeinung, die in den Terrakottamasken ein Requisit des Schauspielerkostüms erkennt, ist als zentrales Ergebnis der Untersuchung der Nachweis gelungen, daß es sich bei den annähernd lebensgroßen Masken nicht um Schauspielermasken gehandelt hat, die man vor dem Gesicht tragen konnte. Sie sind vielmehr ähnlich den oscilla in Stützenstellungen von Gebäuden aufgehängt worden und waren somit ein Bestandteil der Hausausstattung. Dies belegen technische Details, ihre unterschiedliche Größe und vor allem ihre Proportionen, die mit denen eines menschlichen Gesichtes nicht zur Deckung zu bringen sind. Ihre Funktion als Dekorelement der Hausausstattung ergibt sich in erster Linie aus den Fundkontexten, die anhand mehrere villae rusticae sowie der Mannschaftsbaracken der classis Germanica auf der Alteburg bei Köln ausführlich vorgelegt und erörtert werden. Fast immer sind die Terrakottamasken in einer Umgebung angetroffen worden, die ein hohes Maß an Romanisierung erkennen läßt. Ihre Fundorte in aufwendigen, in der Bauweise wie in der Ausstattung stark römisch geprägten Häusern lassen den Schluß zu, daß sie wichtige Aussagen besitzen, um einen spezifisch römischen Habitus zu zeigen. Die Demonstration der kulturellen Sphäre war gerade in den Provinzen ein wesentlicher Aspekt der Selbstdarstellung im Spannungsfeld zwischen einheimischen und römischen Bevölkerungselementen. Zahlreiche Maskenfunde in Limeskastellen erweisen das Militär � wie zu erwarten � als einen wichtigen Träger der römischen Kultur in den Nordwestprovinzen. Die mit den Masken verknüpften Aussagen muten zwiespältig an, da über die Verwendung dieser Chiffre einerseits die Zugehörigkeit zum römischen Kulturkreis zum Ausdruck gebracht werden sollte, die Masken andererseits aber eine starke lokale Ausprägung aufweisen � vermutlich spiegelt sich jedoch gerade in dieser Widersprüchlichkeit der Romanisierungsprozeß der Region wider.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Translated title:
TitleLanguage
Sum figuli lusus ... Roman Terracotta Masks in the Northwest ProvincesEnglish
Translated abstract:
AbstractLanguage
The subject of my thesis, completed in June 2000 at the University of Cologne, is Roman terracotta masks of the Northwest provinces. This project was supervised by Prof. Dr. H. von Hesberg. Fragments from around 500 masks could be collected for an area including the provinces Britannia, Germania inferior and Germania superior, as well as Gallia belgica. Of these fragments, the majority belong to nearly life-size masks, but several originate from miniatures. The study revealed that apart from a few exceptions, the masks were taken from plaster moulds, finished and painted before firing. Their production in moulds required special skill from the artisans as well as fine plastic clays. Based on finds from potter�s workshops, the use of characteristical kinds of clay as well as the typologically different series, five production centres could be discerned. Among these, Cologne and Trier represented two centres of production of supraregional importance, producing large number of masks in a variety of series and exporting them far afield. The production of the workshops in Nijmegen, Rheinzabern and Frankfurt-Nied on the contrary appears to have been merely for the local market. The appearance of the nearly life-sized masks in the described region starts around the end of the 1st century A.D. and boomed during the 2nd century A.D. For the 3rd century A.D. production can only be established for Trier. One of the most significant results of the study is proof that these nearly life-sized masks were not identical with those that actors would have worn during performances. Similar to the oscilla they were hung up between the columns of houses and became an integral part of the house décor. This hypothesis is supported by technical details as well as by the sizes of the masks and above all their proportions, which in many cases bear no resemblance to the human face. Their function as a decorative element is indicated not only in the contexts in which they were found, but also in the representations on wall paintings and in the shape and context of parallels from other regions of the Roman Empire. There are only a few cases in which masks were also found in sanctuaries. It cannot be ruled out that these are to be seen as votive offerings. In almost all cases, however, terracotta masks appeared in areas with a high degree of romanisation. Obviously they were objects by which the user wanted to express his affiliation with Roman civilization. Numerous finds in Roman camps reveal that the army played an important role in the distribution of Roman cultural elements, such as the masks. Of the miniature masks only about 40 examples are known. They represent rare votive gifts in tombs of the second half of the 3rd century and the 4th century A.D. With a height of 7 to 10 cm they usually show a female face with faintly tragical traits as well as a luxurious high and curly hairstyle. So far only Trier could be ascertained as a production centre of this kind of mask. It is conceivable though, that this was not the only one.English
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Rose, Hannelorehanne.rose@gmx.netUNSPECIFIEDUNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-14911
Date: 2000
Language: German
Faculty: Faculty of Arts and Humanities
Divisions: Faculty of Arts and Humanities > Fächergruppe 2: Archäologie, Altertumskunde und Kulturen des Mittelmeerraums > Archäologisches Institut
Subjects: History of ancient world
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
Maske , Terrakottamaske , Theatermaske , ModelwareGerman
MaskEnglish
Date of oral exam: 4 June 2000
Referee:
NameAcademic Title
von Hesberg, HennerProf. Dr.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/1491

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