Borbe, Florian (2013). Alternative Garantien bei Lebensversicherungen. PhD thesis, Universität zu Köln.

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Abstract

Seit einiger Zeit werden fondsgebundene oder anderweitig kapitalmarktgebundene Versicherungen mit einer Garantieleistung angeboten. Die Garantie bezieht sich oft darauf, dass dem Kunden zum Fälligkeitszeitpunkt eine Summe in Höhe der gezahlten Beiträge zur Verfügung steht . Dies ist auch bei der Höchststandsicherung der Fall, sofern das Fondsguthaben nicht zu bestimmten, vertraglich festgelegten Zeitpunkten in der Vergangenheit höher war – diese werden dann für die Zukunft garantiert. Denkbar sind aber auch andere Varianten, die die Sicherung des Beitrags in Höhe von 0-100% erlauben. Im Ergebnis bieten diese neuen Produkte also Vorteile für den Versicherungsnehmer als Anleger, da er Chance auf Kapitalmarkterträge hat, ohne jedenfalls in vollem Umfang das damit verbundene Anlagerisiko zu tragen. Dazu werden moderne Finanzinstrumente und Asset-Management-Strategien eingesetzt, die sich ohnehin nur mit relativ geringen Zinsgarantien vertragen und mit denen ein Transfer der entsprechenden Risiken auf den Kapitalmarkt einhergeht, was aus Sicht des Versicherers auch dazu dient, die bilanziellen Anforderungen an die Kapitalausstattung zu reduzieren . Damit ergibt sich für den Versicherer die Möglichkeit, sich Risiken zu entledigen, die er bei klassischen Lebensversicherungen bilanztechnisch mit Rückstellungen versehen und für die er Eigenmittel vorhalten muss. Dabei zeigt jedoch schon der Umstand, dass ein Teil dieser Produkte überwiegend aus dem Ausland heraus angeboten wird, die Konfliktträchtigkeit mit deutschem Bilanz- und Aufsichtsrecht auf, das von dem Gedanken größtmöglicher Sicherheit geprägt ist, der in einer sehr weitgehenden Regulierung seinen Ausdruck findet. Dieser Konflikt setzt sich auf der Ebene des Vertragsrechts fort. Kann dem Versicherungsnehmer zugemutet werden, nur eine endfällige Garantie eingeräumt zu bekommen, die gerade nicht greift, wenn er vorzeitig kündigt? Ist es möglich, und wenn ja wie weit, dass Kapitalerträge einer individuellen Zurechnung weitgehend entzogen werden, um eine Rücklage für künftige Verluste zu bilden? Hier streiten Produktgestaltungsfreiheit und Verbraucherschutz als, wenn man die entsprechende Diskussionen verfolgt, scheinbar unversöhnliche Gegenpole um den Vorrang. Eine Position ist die, dass durch eine transparente Information die Anwendung entsprechender materieller Kontrollmaßstäbe entbehrlich werde. So wurde durch die Dritten Versicherungsrichtlinien von 1992, etwa RL-Leben 92/96/EWG, den Versicherern die Pflicht auferlegt, vor Abschluss eines Vertrages den potentiellen Versicherungsnehmern Verbraucherinformationen zuzuleiten. Gegenstimmen verweisen auf das Ziel des Verbraucherschutzes, der es auch rechtfertigen soll, bestimmte Produktgestaltungen als solche zu verhindern. Beide Positionen erscheinen dabei in ihrer Absolutheit angreifbar. Eine Aufklärung in transparenter Form kann bestimmte Nacheile allenfalls dann aufwiegen, wenn sich das Leistungsprofil und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis für mehrere Produkte vergleichen lassen. Bei komplexen Versicherungs- bzw. Anlageprodukten ist kaum zu erwarten, dass Versicherungsnehmer die Fähigkeit oder – das wird oft unterschlagen - zumindest die Zeit haben, sich in derart komplizierte Zusammenhänge einzufinden. Andererseits ist es auch nicht überzeugend, Abweichungen von bestimmten, konservativen Produktgestaltungen von vornherein die Existenzberechtigung abzusprechen. Dabei spielt insbesondere der Zusammenhang mit dem sehr restriktiven Aufsichtsrecht eine überragende Rolle. So richtete sich die Produktgestaltung lange Zeit nach der Aufsichtsbehörde aus, die den Geschäftsplan, der für die vertragliche Leistung relevant war, zu genehmigen hatte. Nach der diesbezüglichen Deregulierung ist es aber gerade nicht statthaft, die althergebrachten Formen der Lebensversicherung für einzig maßgeblich zu halten. Gerade bei neuen Produkten, die sich einer eindeutigen rechtlichen Einschätzung entziehen, muss die methodische Ableitung der Ergebnisse an die Stelle der Orientierung an althergebrachten Grundsätzen treten. Dabei ist vertragsrechtlich der erste Anknüpfungspunkt die AGB-Kontrolle, die auf die Angemessenheit abstellt. Jedoch liegt die Auslegungsbedürftigkeit dieses Begriffes auf der Hand. Wortlaut und Systematik des VVG zur Lebensversicherung bieten dabei wenig Hilfestellung, eher zeugt es von eigener Hilflosigkeit des Gesetzgebers, wenn umfangreich auf „anerkannte“ Grundsätze oder aufsichtsrechtliche Kategorien verwiesen wird, die ihrerseits unklar sind oder in ihrer vermeintlichen Klarheit ins Wanken geraten. These der vorliegenden Arbeit ist dann in diesem Zusammenhang, dass sich all diese rechtliche Probleme lösen lassen, indem auf die jeweils einschlägigen Geschäftstypen abgestellt wird und aus deren Eigenheiten Rückschlüsse gezogen werden. Um eine rechtliche Einordnung überhaupt vornehmen und Anwendungsfälle verwandter Rechtsinstitute ausscheiden zu können, ist es insbesondere im Vertragsrecht anerkannte Vorgehensweise, eine typologische Betrachtung anzustellen und in deren Rahmen auf typische Merkmale abzustellen . Grundlage derselben ist die Annahme, dass keine festen Merkmale der Versicherung und anderer Geschäfte existieren, sondern nur bestimmte Kriterien, die nicht allesamt vorliegen müssen, sondern dazu dienen, eine Wertung vorzunehmen, inwieweit welcher Vertragstyp vorliegt . Diese Kriterien ergeben sich aus empirisch vorhandenen Geschäftsmodellen, aber auch der Normierung durch den Gesetzgeber – der allerdings seinerseits maßgeblich auf den realen Rechtsverkehr abstellt . Die typologische Wertung ist also darauf gerichtet, sich vor allem an der Gesamtheit der gesetzlichen Regelungen zu dem Vertragstyp zu orientieren, selbst wenn sie disponibel sind . Insbesondere ist es statthaft, den Vertragstyp davon abhängig zu machen, ob die damit verbundenen Rechtsfolgen sachlich angemessen sind . Damit ist der Weg der weiteren Untersuchung schon vorgezeichnet: Erst einmal müssen die empirischen Merkmale der Produkte herausgearbeitet werden, um sie dann normativen Typen zuordnen zu können. Aus den dazu geltenden Grundsätzen lassen sich rechtliche Folgerungen ableiten, die idealerweise mit dem Parteiwillen übereinstimmen und die typologische Einordnung bestätigen.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Borbe, FlorianUNSPECIFIEDUNSPECIFIEDUNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-53651
Date: 2013
Language: German
Faculty: Faculty of Law
Divisions: Faculty of Law > Zivilrecht > Professur für Versicherungsrecht
Subjects: Law
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
LebensversicherungUNSPECIFIED
GarantieUNSPECIFIED
Date of oral exam: 7 November 2013
Referee:
NameAcademic Title
Rolfs, ChristianProf. Dr.
Peifer, Karl-NikolausProf. Dr.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/5365

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