Gülen Erdogan, İsmahan (2016). Die Beweislastumkehr gem. § 476 BGB beim Gebrauchtwagenkauf im Lichte der EuGH-Entscheidung. Masters thesis, Universität zu Köln.
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Abstract
Diese Arbeit befasst sich mit der Thematik der Beweislastumkehr i. S. v. § 476 BGB und der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2015 zur Auslegung des Art. 5 III der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die ihre Wirkungen auf das deutsche Recht entfalten wird. Wir leben in einer Gesellschaft, in der jeder auch Verbraucher ist. Der Verbraucher gehört zu den Personengruppen, die von dem Rechtsystem besonders geschützt werden sollen. Ihm soll beim Erwerb von Gütern die Wahl- und Entscheidungsfreiheit gewährleistet werden, indem er vor Täuschungen, unlauteren und irreführenden Marktstrategien des Unternehmers geschützt wird. Aufgrund weltweit schnellerer Erreichbarkeit zu den Gütern und der Erhöhung Dienstleistungsqualität ist der Konsum nie so bedeutsam und interessant als denn je. Dies macht den Schutz des Verbrauchers beim grenzüberschreitenden Einkauf erforderlich. Mit diesem Ziel wurde die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG am 22.05.1999 erlassen. Sie ist die erste Grundlage des Europäischen Vertragsrechts. Die auf Art. 5 III dieser RL beruhende Regelung des § 476 BGB ist eine der umstrittensten Vorschriften des neuen Schuldrechts. Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes war § 476 BGB der Gegenstand von mehreren Entscheidungen des BGH sowie unzähligen Instanzgerichtlichen Urteilen. In diesen Sachverhalten ging es überwiegend um Gebrauchtwagenkäufe. Das Vorliegen eines Mangels, die Anwendbarkeit des § 476 BGB und die Reichweite der Vermutung stellen die zentralen Probleme dieser Entscheidungen dar. Nach der Regelung des § 363 BGB obliegt dem Käufer die Beweislast für das Vorliegen des Mangels beim Gefahrübergang. Die Regelung des § 476 BGB stellt von diesem Grundsatz eine Abweichung dar. Danach „zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.“ Somit regelt sie eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Verbrauchers. Um in diesen Genuss der Sonderregeln der §§ 474-477 BGB zu kommen, muss ein Verbraucher zunächst von einem Unternehmer eine bewegliche Sache gekauft haben. Nach der Erfüllung der Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs ist auf die Frage der Beweislastumkehr gem. § 476 BGB zu gehen, deren Behandlung den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet. Dabei rückt die Widerlegung der Vermutung i. S. v. § 476 BGB in den Vordergrund. Hier werden die unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der Reichweite der Vermutung geschildert. Unter Einbeziehung einzelner Entscheidungen ist die Auffassung des BGH darzustellen. Darauf folgen die divergierenden Meinungen der Literatur. Eine umfangreiche Rechnung wird dem Urteil des EuGHs vom 04.06.2015 getragen, die auf einer Vorlage eines niederländischen Gerichtshofs ergangen war. Der EuGH geht in der Faber-Entscheidung auf das Problem der Beweislastverteilung für verdeckte Mängel ein, das seit der Zahnriemen-Entscheidung des BGH in Deutschland im Hinblick auf die Anwendung des § 476 erörtert wird. Abschließend wird anhand der Kriterien, die die Rechtsprechung aufgestellt hat, auf die Ausschlusstatbestände der Vermutung aufgrund der Art der Sache oder des Mangels eingegangen. Der Sinn und Zweck der Vermutungsregelung des § 476 BGB ist, den Verbraucher vor der Beweisnot zu schützen. Daher soll die Differenzierung zwischen Grundmangel und Folgemangel aufgehoben werden und die Vermutung über den Zeitpunkt hinaus bewirken und auch den Grundmangel erfassen, indem sie im Gegensatz zu der Auffassung des BGH weit ausgelegt wird. Dafür sprechen der Wortlaut und die ratio des § 476. Demnach muss der Käufer lediglich den Sachmangel beweisen, der sich innerhalb der Sechsmonatsfrist gezeigt hat. Ihm obliegt also keine Beweislast eines Grundmangels. Hinsichtlich der Reichweite der Vermutung des § 476 BGB ist der Entscheidung des EuGH zu der Auslegung von Art. 5 III der RL eine große Bedeutung zu messen. Um dem Verbraucherrecht gerecht zu werden, legt der EuGH die Vermutung weit aus. Zu erwarten ist somit, dass die EuGH- Entscheidung den BGH zu der Änderung seiner Rechtsprechung zwingt. Dem BGH bleibt nichts übrig als seine Rechtsprechung anzupassen und sich nach der Auffassung des EuGH orientieren. Ruft der BGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahren Art. 234 III EG nicht den EuGH an, dann kann der Verbraucher aufgrund der Verletzung der Vorlageplicht i.S.v. Art. 101 I 2 GG eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG einlegen. Schlagwörter: Beweislastumkehr, Verbraucher, Gebrauchtwagenkauf, Widerlegung der Vermutung
Item Type: | Thesis (Masters thesis) | ||||||||
Creators: |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:38-704165 | ||||||||
Date: | 2016 | ||||||||
Place of Publication: | Köln | ||||||||
Language: | German | ||||||||
Faculty: | Faculty of Law | ||||||||
Divisions: | Ehemalige Fakultäten, Institute, Seminare > Faculty of Law | ||||||||
Subjects: | Law | ||||||||
Uncontrolled Keywords: |
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Date of oral exam: | 5 September 2016 | ||||||||
Referee: |
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Refereed: | Yes | ||||||||
URI: | http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/70416 |
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