Liebold, Felix ORCID: 0000-0003-4684-7357 (2025). Randomisierte kontrollierte Studie zur Bewertung der Beeinträchtigung des Farbsehens während akuter hypobarer Hypoxie in der Aviatik. PhD thesis, Universität zu Köln.

[img] PDF
Beeinträchtigung des Farbsehens während akuter hypobarer Hypoxie in der Aviatik - Dissertation.pdf - Submitted Version

Download (1MB)

Abstract

Die zunehmende und intensive Nutzung farbcodierter Informationen rechtfertigt Farbsehtestungen als integralen Bestandteil von Tauglichkeitsuntersuchungen in der Aviatik. Farbsehen beschreibt die Fähigkeit, Licht unterschiedlicher spektraler Komposition voneinander unterscheiden zu können. Der Prozess beruht darauf, dass Lichtwellen unterschiedlicher Wellenlänge von den Photorezeptoren der Retina detektiert, in neuronale Signale translatiert und in die Hirnregionen der visuellen Verarbeitung zur Farbbewertung weitergeleitet werden. Der Kabinendruck eines Passagierflugzeugs beträgt circa das Äquivalent einer Flughöhe von 8.000 ft. In Notfallsituationen oder auch im militärischen Flugbetrieb muss Bordpersonal auch unter erheblichen Druckschwankungen einsatzfähig bleiben. Die Simulation und Untersuchung solcher Extrembedingungen können am Boden durch den Einsatz geeigneter Druckkammern erfolgen. Generell gilt es bei Untersuchungen in der Flug- und Höhenphysiologie, die Gesetzmäßigkeiten der hypobaren Hypoxie zu kennen und zu beachten. Die größten Effekte hypobarer Hypoxie auf das Farbsehen sind durch die Faktoren „große Höhe“, „lange Expositionsdauer“ und „mesopische Bedingungen“ zu erwarten. Die Hintergründe dieser Beobachtungen sind nicht abschließend geklärt, allerdings kommt bei genauerer Betrachtung der Retina eine besondere Rolle zu. Der retinale Sauerstoffmetabolismus ist besonders im Bereich der Photorezeptorzellen sehr störanfällig und weist eine geringe Toleranz gegenüber hypoxischen Bedingungen auf. Dabei scheint das Blausehen besonders früh und ausgeprägt betroffen zu sein. International bestehen keine einheitlichen Standards zur Auswahl von Farbsehtestsystemen, weder im flugmedizinischen noch im wissenschaftlichen Kontext. Dies führt zu einer starken Inhomogenität sowohl bei den Anforderungen einzelner Behörden an ihre Piloten als auch bei den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen zu Farbsehveränderungen unter hypobarer Hypoxie. Die vorliegende Untersuchung verfolgte einerseits das Ziel, mögliche Schwellwerte zu detektieren, ab denen eine flugmedizinisch relevante Verschlechterung des Farbsehvermögens eintritt. Andererseits sollte anhand des Vergleichs eines digitalen Online-Tools zur Farbsehtestung für den Privatgebrauch mit der analogen Originaltestung exemplarisch zu einer Einschätzung der Verlässlichkeit solcher Applikationen gelangt werden. Untersucht wurden im ersten Teil 54 gesunde Probanden unter Nutzung des WCCVT und des WC-D15 in einer Druckkammer. Hier konnte keine signifikante Verschlechterung des Farbsehvermögens bei einer simulierten Expositionshöhe von bis zu 15.000 ft über einen Expositionszeitraum von maximal 60 Minuten detektiert werden. Allerdings zeigten sich positive Hinweise darauf, dass die genannten Expositionsbedingungen als Schwellenwert verstanden werden könnten, ab dem flugmedizinisch relevante Farbsehveränderungen auftreten. Ein besonderer Einfluss hypobarer Hypoxie auf eine bestimmte Farbachse konnte nicht beobachtet werden. Beim Vergleich zwischen der digitalen App Version des FM Hue-100 und seiner analogen Originaltestung konnte durch die Untersuchung von 12 zusätzlichen Probanden exemplarisch gezeigt werden, dass eine wissenschaftliche Validierung digitaler Farbsehtests zwingend notwendig erscheint, um fehlerhaften Ergebnissen vorzubeugen. Werden kostenlose Online- Tools im privaten Kontext verwendet, sollte der Unterhaltungswert im Vordergrund stehen und Testergebnisse nur unter Vorbehalt interpretiert werden. Letztlich hängt die experimentell bestimmte Farbsehfähigkeit eines Piloten von einer Vielzahl von Einflussfaktoren ab, darunter neben dem Sauerstoffpartialdruck und dem atmosphärischen Druck auch von der Art des Farbsehtests, Umgebungslichtbedingungen, technischer Besonderheiten (z.B. digitaler Displays) und nicht zuletzt kognitiver Voraussetzungen. Diese werden aktuell über die Studienlandschaft hinweg unzureichend homogenisiert, sodass sich Vergleiche zwischen einzelnen Untersuchungen nur bedingt erlauben. Neue digitale Medien wie Tablet-Computer bieten die Möglichkeit, professionelle Farbsehtestungen auch in extremen Umwelten wie Hochgebirgen oder in Flugzeugen ohne großen apparativen Aufwand durchzuführen. Diese neuen Technologien erweitern den Anwendungsbereich von Farbsehtests im wissenschaftlichen Kontext, bringen aber gleichzeitig abermals neue Variablen mit sich, von denen die erhobenen Ergebnisse abhängig sind, und die Vergleiche mit Voruntersuchungen erschweren. Eine international stärkere Standardisierung von Farbsehtestungen in der Aviatik könnte diesem Umstand entgegenwirken.

Item Type: Thesis (PhD thesis)
Creators:
CreatorsEmailORCIDORCID Put Code
Liebold, Felixfelix.liebold@t-online.deorcid.org/0000-0003-4684-7357UNSPECIFIED
URN: urn:nbn:de:hbz:38-787814
Date: 2025
Language: German
Faculty: Faculty of Medicine
Divisions: Faculty of Medicine > Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin > Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Subjects: Medical sciences Medicine
Uncontrolled Keywords:
KeywordsLanguage
HypobaricEnglish
Pressure ChamberEnglish
Colour VisionEnglish
Date of oral exam: 17 March 2025
Referee:
NameAcademic Title
Zange, JochenPriv.-Doz. Dr. rer. nat.
Hinkelbein, JochenProfessor Dr. med.
Refereed: Yes
URI: http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/78781

Downloads

Downloads per month over past year

Export

Actions (login required)

View Item View Item